«Dieses Jahr stehen wichtige Geschäfte an. Zum einen wird uns die Agrarpolitik stark beschäftigen. Zudem hat sich die politische Landschaft im Kanton Zürich seit den letzten Wahlen stark verändert», stellte Präsident Hans Frei eingangs der ersten Regionalversammlung des Zürcher Bauernverbandes in Winterthur-Wülflingen fest. «Die neuen Mehrheitsverhältnisse bringen eine Reihe von Vorstössen hervor, welche die Landwirtschaft betreffen und eine Stellungnahme erfordern.» Mit dem neuen Baudirektor Martin Neukom pflege der ZBV bereits den Austausch. Dabei habe man die Erfahrung gemacht, auch bei Problemfeldern an ihn herantreten zu können.

Im Frühling steht der Präsidiumswechsel an

Ein wichtiges Thema, so Hans Frei, sei auch der anstehende Wechsel im Präsidium, der am 1. April von den Delegierten entschieden wird. Der Vorstand habe sich viel Zeit genommen, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Der Entscheid, Martin Haab zu nominieren, sei nicht zuletzt deswegen gefallen, weil dieser den ZBV schon lange von innen her kenne und dessen Anliegen nun auch mit der Politik auf nationaler Ebene verbinden könne.

Martin Haab engagiert sich seit rund 30 Jahren in landwirtschaftlichen Organisationen. Seit 2005 ist der 57-jährige Meisterlandwirt aus Mettmenstetten im ZBV-Vorstand und seit 2008 im Ausschuss. Seit vergangenem Sommer sitzt er zudem für die SVP im Nationalrat. Haab nutzte an diesem Anlass die Gelegenheit, sich selbst vorzustellen: Mit seinem Sohn führt er den familieneigenen Milch- und Viehbetrieb mit knapp 40 Hektaren Land. Zurzeit seien sie daran, die Hofübergabe vorzubereiten.

Der Praxisbezug in der Politik ist wichtig

Zu seiner Motivation, das ZBV-Präsidium zu übernehmen, meinte Haab: Sich für die Bauern im Kanton einzusetzen, sei eine grosse Herausforderung. Als er vor zehn Jahren in den Kantonsrat kam, habe er realisiert, wie wenig die Landwirtschaft dort eine Rolle spiele. Das habe ihn später dazu bewogen, für den Nationalrat zu kandidieren, um sich als Vertreter der Landwirtschaft noch mehr einbringen zu können. Haab: «Es braucht in Bern Politiker, die noch den Bezug zur Scholle haben.» Auch als Nationalrat bleibe er Bauer. Wenn er am Freitag von Bern nach Hause komme, verbringe er das Wochenende im Stall. «Der Bezug zur Praxis ist wichtig», sagte Haab. «Als Nationalrat bin ich konfrontiert mit vielen Themenbereichen, die parallel auch hier im Bauernverband abgehandelt werden.» Die Arbeit auf nationaler und kantonaler Ebene zu verbinden, bringe einen grossen Nutzen. Ihm sei es auch ein Anliegen, dass Familienbetriebe eine Zukunft haben, und die Betriebe ihr Einkommen vorwiegend über den Markt erzielten und nicht nur via Direktzahlungen.

Der ZBV zu agrarpolitischen Neuerungen

Martin Haab äusserte sich anschliessend zur aktuellen Agrarpolitik. Zurzeit warte man auf die Botschaft des Bundesrates, anschliessend werde die Vorlage im Parlament bearbeitet. Es sei davon auszugehen, dass die AP 22+ per 1. Januar 2022 eingeführt wird. Haab ging auch auf den Inhalt der Vorlage ein. Dazu ein paar Beispiele:

Ernteversicherung: Der ZBV steht der Einführung einer Ernteversicherung skeptisch gegenüber. «Bei angemessenen Preisen sollte das Risiko für eine schlechte Ernte grundsätzlich verkraftbar sein», meinte Haab. Anders sehe es aber aus, wenn es zu grossen Ertragsschwankungen kommt, verursacht durch den Klimawandel, etwa durch Trockenheit oder Spätfröste. Gemäss Vorlage wird die Ernteversicherung von Bund und Bauern kofinanziert.

Regionale Landwirtschaftliche Strategien RLS: Dieses sei erst ein Konzept auf Papier, sagte Haab. Derzeit sind fünf Pilotprojekte in sechs Kantonen am Laufen. Die Studien dazu sind noch nicht abgeschlossen. «Wir werden darüber informieren, sobald konkrete Ergebnisse vorliegen», so Martin Haab.

Ausbildungsanforderungen: Die Vorlage sieht vor, dass Neubezüger von Direktzahlungen ab 2022 drei betriebswirtschaftliche Module des Fachausweises besucht haben müssen. Das gilt für alle Betriebsleitenden, die nicht über eine höhere Ausbildung verfügen. Der Bauernverband sei jedoch der Meinung, so Haab, dass der EFZ-Abschluss für die Berechtigung von Direktzahlungen genügen soll.

Begrenzung der Direktzahlungen pro Betrieb: In den Medien sei von Betrieben die Rede, die unglaubliche Summen erhielten. Dabei handle es sich jedoch um Einzelfälle, meistens Betriebsgemeinschaften. «Der ZBV ist der Meinung, wenn eine Direktzahlung ausbezahlt wird, steckt auch eine Leistung dahinter», meinte Haab dazu. «Daher sind Begrenzungen grundsätzlich nicht in Ordnung.»

Soziale Absicherung der Ehepartner: Für dieses Anliegen sei nun eine Variante gefunden worden, welchen Ehefrauen, die zu 100 Prozent auf dem Betrieb mitarbeiten, mi­nimalen Sozialversicherungsschutz bietet. Der ZBV erachtet diese Lösung als zeitgemäss.

Produktionssystembeiträge: Neu soll beispielsweise die Nutzungsdauer von Kühen belohnt werden. Haab kritisierte jedoch, das Alter von Kühen als Kriterium mache keinen Sinn. Besser wäre es, die Lebensleistung zu berücksichtigen.

Hoflaedeli24.ch ist ein neues ZBV-Projekt 

Über Aktualitäten aus dem ZBV orientierte Geschäftsführer Ferdi Hodel: Das Projekt «Hoflaedeli24.ch» etwa ist ein neues Ver­kaufsnetzwerk für die Direktvermarktung. So soll es beispielsweise künftig Automaten geben, die Betrieben mit ungünstigem Standort neue Vermarktungsmöglichkeiten bieten. Für die Konsumenten ist eine mobile App vorgesehen. Zudem gibt es eine Hofladenvariante mit Self-Scanning. «Betriebe sollen vermehrt digitale Möglichkeiten nutzen können», sagte Hodel. Die Testphase ist abgeschlossen, das Programm startet im Mai.

Hodel zeigte sich erfreut über den Social-Media-Auftritt «Naturtalent». Seit dem Start im Mai 2018 gebe es bereits weit über 16 000 Follower.

Zur Sprache kam auch die «Puure-Hilf», die im Oktober 2018 neuorganisiert wurde und bis heute 60 Anfragen erhalten hat. Hodel erwähnte zudem den Betriebshilfefonds, der von Mitgliedern bei Liquiditätsengpässen beansprucht werden kann. Zudem: «Vo Puur zu Puur» geht nach zehn Jahren in die zweite Runde und kommt dieses Jahr wieder in den Bezirk Andelfingen.Alexandra Stückelberger

Weitere Regionalversammlung: Montag, 20. Januar, 20 Uhr in Wädenswil, Wirtschaft zum Neubüel.