Krähen können innert eines Tages ein Drittel der Aussaat vertilgen. Das führt zu enormen Verlusten. Es ist seit geraumer Zeit auszumachen, dass sich die Krähenpopulation in der Schweiz vergrössert.

Je mehr Brutpaare, desto weniger Ernteverluste


So paradox es auch klingt, aber es lohnt sich, in der Umgebung der Ackerflächen günstige Bedingungen für Nistplätze der Rabenkrähe zu schaffen. Denn Brutpaare erkämpfen sich ihr Territorium von bis zu einem Quadratkilometer Grösse. Und sie verteidigen es während der Brutzeit konsequent, so Daniela Heynen von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach.

Es sind auch nicht die Brutpaare, die Schaden in der Landwirtschaft anrichten. Sondern diejenigen Rabenvögel, die keinen Partner oder kein Territorium gefunden haben, oder noch zu jung zum brüten sind.

Diese finden sich zu Schwärmen zusammen, um sich gegenseitig bei der Futtersuche zu ­unterstützen. Solche Schwärme können bis zu mehreren Hundert Tieren umfassen.

Sie fressen, was ihnen auf den Teller kommt


Krähen sind Allesfresser. In Gebieten mit intensiv betriebener Landwirtschaft nehmen Rabenkrähen vor allem pflanzliche, in extensiv bewirtschafteten ­Gebieten vorwiegend tierische Nahrung auf. Für die Aufzucht der Jungen ist aber der Bedarf an tierischer, proteinreicher Nahrung hoch. Das können wirbellose Tiere wie Würmer und Larven, aber auch Mäuse sein.


Rückfragen bei Bauern seitens der Vogelwarte Sempach haben ergeben, dass Schäden hauptsächlich dann auftreten, wenn verschiedene nachteilige Fak­toren wie späte Aussaat und schlechte Witterung zusammenwirken. Betroffen sind vor allem Mais-, Gemüse- und Getreidefelder.

Ihnen nichts auf dem Silbertablett servieren


Die Schadenshöhe im Feld hängt davon ab, wie lange Saatgut und Schösslinge benötigen, um zu keimen und über eine kritische Höhe (beim Mais 10 bis 15 cm) hinaus zu wachsen.

Vorab sei empfohlen, zwischen der Bodenbearbeitung und der Aussaat eine Pause einzulegen. Denn wenn die Grasnarbe aufgerissen wird, sind Würmer und Insekten den Raben gut zugänglich. Wer sie fressen lässt, und erst einige Tage später ansät, macht die Vögel nicht auf die Saat aufmerksam. Gebeiztes Saatgut hindert die Krähen daran, das Saatgut zu fressen, kann aber seine Wirkung bei den Sprösslingen verlieren.

Daniela Heynen warnt davor, Siloballen auf dem Feld stehen zu lassen, wo sie produziert wurden. Denn frisch geerntete Felder  und Stoppelfelder ziehen die Krähen ebenfalls wegen der Bodentierchen an.

Abschreckungen aller Art können Wirkung zeigen


Krähen sind zwar schlau, aber auch sehr misstrauisch. Die zweite Eigenschaft lässt sich zunutze machen. Alles was neu ist, hält die Vögel vorerst auf Distanz. Ein beim Feldrand abgestelltes Auto kann zum Beispiel einen oder zwei Tage dafür sorgen, dass sich die Krähen nicht mehr blicken lassen.

Gasballone am Feldrand haben auch diesen Effekt, sie müssen jedoch alle drei bis vier Tage verschoben werden, weil sich die Krähen schnell daran gewöhnen. Zudem schiessen die Kosten für die Ballone selber und das Heliumgas derart schnell in die Höhe, dass der Nutzen nicht mehr damit aufzuwiegen ist.

Auch immer wieder in Anwendung sind Knallapparate. Die Auswirkungen auf die Anwohner sind jedoch nicht zu missachten. Vogelscheuchen, Plastikbänder oder Netze sollten möglichst ­abwechslungsweise angebracht werden. Einzelne Schreckschüsse sind ebenfalls möglich. Man kann die Krähen jedoch nur kurze Zeit trügen.


Es ist erlaubt, Krähen zu schiessen


Wird die Krähe durch Abschuss dezimiert, wird das frei gewordene Territorium schnell wieder neu besetzt. Vielerorts griff eine Dezimierung nicht.

Allerdings ist es erlaubt, das bestätigt auch Roman Kistler von der Jagd- und Fischereiverwaltung Thurgau, einzelne Vögel ­zu schiessen. Für die Einzelabschüsse empfiehlt sich die Schrotflinte. Es ist gar erlaubt, wie es ein Teilnehmer des Krähennachmittags schildert, die Krähe zu schiessen und anschliessend im Tiefkühler aufzubewahren. Dies tut er, um später durch eine Rupfung am Feld einen Raubvogelangriff zu simulieren.

Die Federn werden im Umkreis von etwa 80 cm auf dem Boden drapiert, mit oder ohne Kadaver in der Mitte. Dies tut der Teilnehmer jeweils, wenn der Mais spitzt. Er empfiehlt vier Krähen auf zwei Hektaren. Seit er das tue, habe er keine Probleme mehr.

Rechtliche Situation im Kanton Thurgau


Verboten sind das Ausnehmen von Krähennestern, der Abschuss von Brutpaaren und das Verwenden von Gift und Betäubungsmitteln. Das Aufhängen von toten Krähen ist im Grundsatz erlaubt, aber ruft extrem negative Reaktionen in der Bevölkerung hervor. Vom 16. Februar bis 31. Juli sind brütende Krähen geschützt. Für in Schwärmen auftretende Krähen gilt auf schadengefährdeten landwirtschaftlichen Kulturen keine Schonzeit.

Im Kanton Thurgau werden Schäden durch Krähen nach Jagdgesetz ab einer Schadenssumme von 200 Franken ersetzt.

Experten fanden zusammen um das Problem anzugehen


Die zwei Experten Daniela Heynen und Roman Kistler fanden am Krähennachmittag im Beratungs- und Berufsbildungszentrum Arenenberg in Salenstein zusammen. Bio-Berater

Daniel Fröhlich hatte diesen zusammen mit dem Bio Ackerbauring Ostschweiz organisiert.


Nadine Baumgartner