Heinrich Marthaler, ehemaliger Landwirt aus dem zürcherischen Dänikon, ist seit Kurzem pensionierter Gemeindemitarbeiter. Seit zehn Jahren spielt er Fagott: die dunkle, lange Holzröhre mit dem gebogenen Ansatzrohr und dem warmen Klang. Marthaler hat viele Jahre im Jodelclub Altberg gejodelt, zehn Jahre war er Präsident des Clubs. Dann hat es für ihn aus verschiedenen Gründen nicht mehr gestimmt. Als Musikliebhaber unterschiedlicher Stile habe ihn das Fagott schon immer fasziniert. Er schwärmte von diesem grossen Holzinstrument. Vor allem, wenn er es wieder mal live gehört hatte. Er lacht und stahlt: "Eigentlich sind ja meine Frau und unsere Töchter schuld. Sie haben mir schliesslich vor zehn Jahren ein Fagott gemietet und mich darin unterstützt, einen Platz in der Musikschule in Baden zu bekommen." Und seither besucht Marthaler alle zwei Wochen eine Lektion Fagott Unterricht.

Anspruchsvolles Instrument

Das Fagott sei nicht ganz einfach, zu spielen, meint er, und räumt ein, dass es natürlich schon Zeiten gegeben habe, in denen er mit wenig Begeisterung nach Baden gefahren sei. "Da musste ich mich halt am Riemen reissen … und dann ging es wieder. Und vielleicht wäre ein bisschen Notenlehre auch von Vorteil gewesen." Die Mechanik mit Klappen und Federn ist beim Fagott heikel, da ist Sorgfalt gefragt. Ausserdem seien einige der Griffe kompliziert zu greifen, die hohen Töne schwierig anzublasen. Dann zeigt er das eigentliche Mundstück: Das Doppelrohrblatt, welches ins Ansatzrohr gesteckt wird. Früher bestand dieses aus Schilf oder ganz dünnem Holz. "Viele Fagott-Spieler stellen dieses Mundstück selber her", erklärt er und zeigt seine Eigenproduktion. Diese wäre aber noch zu optimieren.

 

Ein Riese mit warmem Ton

Das Fagott ist das grösste und tiefste Holzblasinstrument. Oft wird es auch als grosser Bruder der Oboe bezeichnet, da der Ton beim Fagott wie bei der Oboe mit einem Doppelrohrblatt erzeugt wird.

Das Fagott hat einen ausgesprochen warmen und angenehmen Ton. Die Töne werden mit Löchern und Klappen verändert. Das Doppelrohrblatt wird auf ein S-Rohr (gebogenes Ansatzrohr) aufgesteckt.

Die eigentliche Rohrlänge beträgt beim Fagott etwa 260 cm, beim grösseren und tiefer klingenden Kontrafagott 593 cm. Sie wird durch mehrfaches Falten des Rohres verkürzt.

 

Spiel in der Gruppe

Neben dem Einzelunterricht schätzt Heinrich Marthaler das Zusammenspiel sehr. So erinnert er sich begeistert an ein Konzert, welches er vor fünf Jahren zusammen mit einem Sechsjährigen bestritt: 6 und 60 Jahre, war es betitelt. Die Musikschule engagiert sich für ehemalige Musizierende, welche sich nach engagierten Jahren im Beruf wieder ihrem früheren Instrument widmen möchten. Zum einen sind das individuelle Angebote, andererseits auch Ad-hoc-Orchester, welche sich für eine Aufführung ein bestimmtes Werk vornehmen. Vor drei Jahren wurde die Wassermusik von Händel und erst kürzlich Teile von "The Phantom of the Opera" aufgeführt. Dann sitzt Heinrich Marthaler mitten unter Jugendlichen und spielt Fagott. "Ich habe gehört, wie eine Jugendliche ihre Sitznachbarin gefragt hat, ob der Mann ihr Lehrer sei. Sie hat verneint, das sei ein Schüler. Der ist aber ganz schön alt, ist der Kommentar gewesen", erzählt er schmunzelnd. In guter Erinnerung ist ihm das Zusammenspiel mit seinem Vater. "Mein Vater war nicht nur Bauer, sondern auch 50 Jahre lang Organist in der Dorfkirche. Fagott und Orgel, das passt wunderbar zusammen."

Seit einigen Jahren spielt Marthaler wöchentlich in einer Musikgruppe im Dorf mit. "Wir sind neun Leute, je zwei spielen Handorgel und Querflöte, unser Leiter spielt Bassgeige, dann gibt es eine Klarinette, eine Gitarre, eine Blockflöte und ich und mein Fagott. Wir spielen volkstümliche Stücke – aber nicht nur. Im Herbst haben wir einen Auftritt an einem Altersnachmittag", erklärt er.

Weiterhin fleissig üben

Den Landwirtschaftsbetrieb haben Marthalers verpachtet, nachdem sie eine Zeit lang mit einem anderen Bauern eine Betriebszweiggemeinschaft geführt hatten. Dass sie vor zehn Jahren alles Land einem Einzigen verpachtet hätten, sei bei einigen nicht so gut angekommen. "Hier im Furttal machen die Gemüsebauern Druck auf bewirtschaftbares Land, sie rechnen einfach anders als Ackerbaubetriebe", sagt Heinrich Marthaler.

Bis vor Kurzem hat er die Gemeindewerke in Dänikon geleitet: Unterhalt von Strassen und Gemeindeliegenschaften, am Schluss in einer Vollzeitanstellung. "Jetzt, da ich pensioniert bin, kann ich natürlich nicht einfach nichts machen. Ich werde für die Landi Hauslieferdienste übernehmen, und weiterhin fleissig auf meinem Fagott üben", meint er zufrieden.