Mit der AP 22+ will der Bundesrat dem landwirtschaftlichen Nährstoffvolumen an den Kragen. Dieses kommt auch in der politischen Diskussion zunehmend unter Druck.

Bis 2030 müssen N und P um 20 Prozent sinken

Mit ihrer Botschaft zur Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) hat die Landesregierung deshalb ein Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasser-Initiative präsentiert. Im Landwirtschaftsgesetz sollen demnach verbindliche Ziele zur Reduktion der Stickstoff (N)- und Phosphor(P)-Verluste verankert werden.

«Aus Sicht der produzierenden Landwirtschaft macht diese Senkung keinen Sinn.»

Othmar Vollenweider, Berater und Landwirt aus Oberrüti AG

Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016 will die bundesrätliche Vorlage die Verluste von N und P bis ins Jahr 2025 um 10% und bis ins Jahr 2030 um mindestens 20% senken. Zur Erreichung der Ziele werden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen. Eine Massnahme ist die Senkung der Dünger-Grossvieheinheiten (DGVE) von bisher maximal 3 auf 2,5 pro Hektare, die im Gewässerschutzgesetz verankert werden soll.

SBV lehnt Senkung ab

Diese Pläne stossen in bäuerlichen Kreisen auf Widerstand. Der Schweizer Bauernverband (SBV) lehnt sie laut Polit-Experte Francis Egger ab, wenn keine Abweichung nach oben möglich gemacht wird (sofern die Nährstoffbilanz dies zulässt). Er kenne mehrere Rechnungsbeispiele die zeigten, dass Landwirte im intensiv genutzten Grünland Gülle wegführen und Mineraldünger zukaufen müssten, wenn die Senkung komme.

Dies deshalb, weil sie den Nährstoffbedarf ihres Grünlands mit dem zur Verfügung stehenden Hofdünger nicht mehr decken könnten, gibt er zu Bedenken. Egger betont, dass derart einschneidende Massnahmen eine umfassende Strategie bräuchten, diese fehle aber im Moment ganz klar.

15–20 Mio Fr. Mehrkosten für Gülletransporte

Auch Othmar Vollenweider, Landwirt und Berater im Dienst des Bauernverbands Aargau (BVA), sieht die Pläne des Bundesrats sehr kritisch: «Aus Sicht der produzierenden Landwirtschaft macht diese Senkung keinen Sinn», erklärt er in einem Schreiben an die BauernZeitung, das auch im Newsletter des BVA erscheinen wird. Entgegen der Ziele, welche die Behörden mit der neuen Regelung anstreben, sorge dieser Passus gar für eine Förderung des Einsatzes von Mineraldünger, schreibt der Düngungs-Fachmann.

Zudem wären unerwünschte Umwelteffekte zu verzeichnen: In der Botschaft zur AP 22+ heisst es, dass die Treibhausgasemissionen wegen der vermehrten Fahrten zunehmen dürften. Schätzungen zufolge müssten zusätzliche 1,4 Mio m3 flüssiger Hofdünger weggeführt werden, was für die Landwirte laut einer Schätzungen Kosten von 15 bis 20 Mio Fr. zur Folge hätte.

Milch und Rindermast leiden

Othmar Vollenweider zieht zur Begründung seiner Ablehnung die unterschiedlichen GVE-Faktoren heran (s. Tabelle). 

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Diese dienen als Grundlage für die Berechnung der Direktzahlungen. Eine DGVE ist hingegen ein berechneter Wert nach Nährstoffen und entspricht einer Ausscheidung von 105 kg N und 15 kg P (35 kg P2O5). Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass vor allem Milchvieh- und Rindermastbetriebe einen hohen Anfall an Nährstoffen pro GVE haben. Diese Betriebe sind aus drei Gründen betroffen:

  • Keine Reduktionsmassnahmen: Weil in der Rindviehhaltung anders als bei Hühnern und Schweinen keine Fütterungsmassnahmen zur Reduktion des Anfalls möglich sind.
  • Verwertung der Gülle: In wüchsigen Grünlandgebieten können ohne Futterzukauf problemlos 3 GVE Kühe pro ha gefüttert werden. Bei einer Senkung der DGVE Werte auf 2,5 darf die anfallende Gülle nicht restlos auf den eigenen Feldern verteilt werden.
  • Nur 87 kg P erlaubt: Betriebe mit hauptsächlich Rindviehhaltung haben traditionell einen hohen Anteil Grünland, Silomais und Zwischenfutter. Der Bedarf pro Hektare liegt bei guten Erträgen bei 100 bis 110 kg P2O5 pro Hektare. Düngen mit Hofdünger darf der Landwirt nur 87 kg Phosphor(2.,5 DGVE). Weniger betroffen von der geplanten Senkung wären gemäss Vollenweider Schweine- und Geflügelbetriebe. «Diese Betriebe haben oftmals einen bedeutenden Anteil an Ackerland und als Zwischenfutter wird eine Gründüngung angelegt. In dieser Konstellation ist der Bedarf pro Hektare tiefer», schreibt er.

Das BLW wehrt sich

Das BLW kommentiert den Sachverhalt auf Anfrage wie folgt: «Wir haben Berechnungen durchgeführt, die aufzeigen, dass mit diesem Vorschlag je nach Betrieb unterschiedliche Situationen auftreten können. Wir gehen davon aus, dass nur in wenigen Ausnahmefällen, auf sehr intensiven Betrieben mit extrem guten Produktionsbedingungen, Hofdünger abgeführt und gleichzeitig Kunstdünger eingesetzt würden. In sehr viel mehr Fällen würde der Vorschlag hingegen dazu führen, dass der exportierte Hofdünger auf Betrieben vermehrt die Kunstdünger ersetzen würde. Dies ist aus ökologischer Perspektive erwünscht».