Die globale Veränderung des Klimas ist nicht zu bestreiten. Aber wahr ist auch, dass etwa 1000 nach Christi Geburt in Schottland Weinreben wuchsen, und auf Grönland Vieh weidete. Ab dem 15. Jahrhundert reduzierte sich die Durchschnittstemperatur dann erneut, und es wurde wieder spürbar kälter. Vielen liefert diese Argumentation die Rechtfertigung zu sagen, eine solche Klimaschaukel sei ein normales, natürliches Phänomen, mit dem man leben müsse.

Also alles nur Panikmache? 

Nicht von der Hand zu weisen ist die rasante Erwärmung der global gemittelten, bodennahen Lufttemperatur. Diese wird seit dem Beginn der Industrialisierung im Jahre 1750 aufgezeichnet. Dazu kommt, dass die letzten beiden Jahrzehnte die wärmsten je gemessenen auf allen Kontinenten waren. Gründe für die deutliche Erwärmung sind zum grössten Teil die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Entwaldung sowie die intensive Land- und Viehwirtschaft. Die wissenschaftlichen Akademien sind sich einig: Diese drastische Veränderung des Klimas ist menschengemacht. Gletscherrückgang, Dürre, Hitzewellen und Hochwasser sind die spürbaren und unübersehbaren Konsequenzen, die daraus entstanden.

Schauplätze des Klimawandels entdecken

Das Buch «Dem Klima auf der Spur» bietet mit 20 Wande­rungen die Möglichkeit dazu, konkrete Schauplätze des Klimawandels hierzulande zu entdecken. Auch für die schleichenden und leisen Veränderungen, die mit der Erwärmung einhergehen, kann man unterwegs ein Auge entwickeln.

Das Murmeltier als Indikator-Spezies

Den zahlreichen Bündner Murmeltieren im Val Alvers beispielsweise ist es im Sommer tagsüber immer öfter zu heiss. Weil sich die Tiere deshalb vermehrt in ihren Bau zurückziehen, geht wertvolle Zeit zum Fressen verloren. Den Tieren gelingt es so nicht, genügend Fettreserven für den kommenden Winter aufzubauen. Sie sterben während des Winterschlafes, oder wachen zu früh auf, wenn ein Überleben ausserhalb des Baus noch nicht möglich ist. Um die Tiere zu beobachten, wandert man in einer anspruchsvollen Bergtour 14 Kilometer von Juf GR nach Maloja GR.

Auch die alpine Flora unterliegt Veränderungen 

Auf einer weiteren Rundwanderung, die bei Plan-Francey FR startet, können zahlreiche und üppig blühende Alpenpflanzen bestaunt werden. Hinsichtlich der Klimaveränderung interessant wird es, wenn man den Aufstieg zum Moléson-Gipfel dazu nimmt. Die Bergpflanzen, die hier an das alpine, kalte Klima angepasst sind, werden zunehmend von wärmeliebender Flora verdrängt. Geschätzt wird, dass bis zum Jahr 2100 40 Prozent der alpinen Pflanzenarten verschwunden sein werden.  

Mit Bergschuhen und Smartphone unterwegs 

Drastischere Veränderungen kann man am Unteren Grindelwaldgletscher in Grindelwald BE beobachten. 2006 brach im Quellgebiet der Weissen Lütschine eine Felswand von insgesamt einer halben Million Kubikmeter Stein ab, und krachte auf den Gletscherfuss. Der Untere Grindelwaldgletscher ist der Schauplatz mehrerer solcher Klimadramen, die sich in den letzten Jahren gehäuft dort abspielten. Die Universität Bern richtete daraufhin in der Jungfrauregion 2009 insgesamt sieben Klima-Pfade ein. Wenn man beispielsweise einem der Wege von der Bergstation Pfingstegg zum Berggasthaus Bäregg folgt, gibt es zahlreiche dieser Plätze zu sehen. Mit dem dazugehörigen Audioguide, den man per Smartphone laden kann, bekommt man während der fünf Kilometer langen Hochgebirgswanderung noch mehr Informationen bequem vor Ort.

Die Schweiz ist doppelt betroffen

Solche Umweltveränderungen selbst zu sehen und zu erleben, bringt einem die Tragweite des Klimawandels deutlich mehr ins Bewusstsein. Die Schweiz übertrifft die Temperaturerwärmung seit der vorindustriellen Zeit mit 2 Grad Celsius gegenüber dem globalen Mittel um das Dop­pelte. Auf den verschiedenen Wanderungen, die im Buch vorgestellt werden, kann man erfahren, wie sich die Natur an den Klimawandel anpasst. Offen bleibt die Frage, wie die menschliche Kultur dies schafft.

 

Buchtipp

«Dem Klima auf der Spur»

Luc Hagmann

Erschienen im Werd Verlag

204 Seiten

Fr. 40.00