Früher wurde Viehzucht aufgrund von Exterieur und der erbrachten, gemessenen Leistungen betrieben. Heute werden viele «innere» Informationen eines Individuums für die Viehzucht herangezogen. Die Genomforschung entschlüsselt Erbgut der Tiere und liefert Informationen. Christine Baes, Qualitas AG, informierte über den heutigen Stand der Genomforschung, welche Länder übergreifend betrieben wird, so dass Forschungsergebnisse direkt ausgetauscht werden können.


Häufigste Abgangsursache ist die Fruchtbarkeit


Am internationalen Braunviehseminar am LBBZ Plantahof in Landquart GR erläuterte Martin Rust, Braunvieh Schweiz, die neuen Zuchtwerte für die Praxis. Die schlechte Fruchtbarkeit ist die Hauptabgangsursache (28%) beim Schweizer Braunvieh. Der Index Fruchtbarkeit hilft bei der Anpaarung, damit nicht mehrmals Fruchtbarkeits-Negativvererber verwendet werden.

Der Gesamtzuchtwert ist die rechnerische Umsetzung des Zuchtziels, einzelne Zuchtwerte werden verschieden gewichtet und bilden den Gesamtzuchtwert, wobei die Fruchtbarkeit stärker gewichtet wird und Euter und Fundament anstelle des Gesamtexterieurs treten. Der Gesamtzuchtwert Weide (WZW) gewinnt an Bedeutung, da vermehrt Milch aus Raufutter produziert werden soll. Die Zucht auf Milchleistung führte zu grösseren und schwereren Kühen, die aber wieder einen erhöhten Selbsterhaltungsbedarf haben. Die Milchleistung wird somit weniger gewichtet, was zu kleineren Kühen führen dürfte.

Langlebigkeit = Umweltverträglichkeit?


Der Frage, ob die langlebige Kuh umweltfreundlicher ist, gingen Michael Kreuzer und Florian Grandl, ETH Zürich, Institut für Agrarwissenschaften, nach. Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsbetrieb des LBBZ Plantahof konnte dies untersucht werden und zwar mit der Leistungs- und der Raufutterherde. Kühe wurden in der gewohnten Umgebung und auch in den Respirationskammern am Provisorium Agrovet-Strickhof untersucht.

Es zeigte sich, dass die älteren Kühe weniger Methan ausstossen als die jungen und es sich somit lohnt, gesunde, leistungsfähige Kühe länger zu nutzen.

Diana Sorg und Hermann Swalve, Uni Halle, Deutschland, untersuchten ebenfalls Futtereffizienz und Methanausstoss beim Vieh. Sie verwendeten ein neues Gerät, Laser-Methan-Detektor, welches Messungen direkt an der Kuh im Stall und auch auf der Weide möglich macht, so dass auf die Respirationskammer verzichtet werden kann. Allerdings liefere die Respirationskammer genauere Resultate. In Halle kam man zu ähnlichen Resultaten wie in Zürich.


Klauenkrankheit Mortellaro auf dem Vormarsch


Mortellaro, die Klauenkrankheit in den Freilaufställen, ist auf dem Vormarsch und kann zu einem grossen Problem werden. Kati Schöpke und Hermann Swalve von der Uni Halle, Deutschland, hatten dieses Problem untersucht. Die infektiöse Krankheit kann sich in einem Betrieb sehr schnell verbreiten, und die Behandlung bereitet Schwierigkeiten und Aufwand. Die wissenschaftlichen Untersuchungen ergaben, dass die Erblichkeit von Mortellaro höher ist, als bisher angenommen. Mit Management, Hygiene und Fütterung ist es zum Teil möglich, die Krankheit in den Griff zu bekommen.

Gerne hätten die vielen Praktiker, welche diese Krankheit aus den eigenen Betrieben kennen, konkrete Behandlungsvorschläge gehört, doch Kati Schöpke sagte, da sie keine Tierärztin sei, könne sie dies nicht tun.


Kaspar Freuler und sein Stallteam stellten verschiedene Kühe aus den beiden Plantahof-Herden in der Arena vor. In der Podiumsdiskussion wurde die Frage gestellt, welche Kuh in den Jahren 2020/2030 gebraucht würde. Die Diskussionsteilnehmer kamen zum Schluss, dass jeder gerne eine leistungsfähige, problemlose, langlebige Kuh mit viel Milcheiweiss hätte.

Die Agrarpolitik steuert jedoch ebenfalls das Zuchtziel an, denn heute wird verlangt, dass Kühe vor allem aus dem eigenen Grundfutter möglichst viel produzieren. Das veranlasse Züchter, ihr Zuchtziel zu überdenken, andere würden aussteigen, so gehe Wissen in der Landwirtschaft verloren.


Die Praktiker mit ihren Zuchtzielen


An der Tagung stellten auch zwei Praktiker ihre Betriebe vor. Theo Simeon aus Lantsch/Lenz GR ist zum siebten Mal auf der Betriebsmanagementliste. Hier kommen Betriebe, welche die hohen Anforderungen erfüllen, zum Zuge, auch wenn sie keine Ausstellungstiere haben. Theo Simeons Zuchtziel ist eine unkomplizierte Kuh mit einer Widerristhöhe von 145 bis 152 Zentimetern, mit einer Milchleistung ab der zweiten Laktation von 10'000 Kilogramm mit 4% Fett und 3,75%.

Josef Müller, Oberostendorf, Deutschland, ist ein begeisterter Braunviehzüchter. Für ihn sind die Milchinhaltsstoffe ein wesentlicher Faktor, der für das Braunvieh spricht, denn mit weniger Milch würde trotzdem ein höherer Milchpreis gelöst. Sein Zuchtziel ist: deutsche Milch und Schweizer Exterieur.

Vrena Crameri