Kurz bevor sie bei den Betriebsleitenden jeweils in Vergessenheit geraten ist, findet sie ­wieder einmal statt. Die Rede ist von der «blauen Kontrolle», wie sie umgangssprachlich genannt wird. Dabei handelt es sich um die amtstierärztlichen Kontrollen in Nutztierhaltungen. «Heute heissen sie ‹Kontrollen in der Primärproduktion›», präzisiert das ­Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinär-wesen (BLV). «Blau» wird die Kontrolle genannt, weil die Dokumente für die Kontrolle in einem blauen Ordner waren. «Blau war die üblicherweise verwendete Farbe für Kontrollen im Veterinärbereich», ergänzt das BLV. Diese Kontrollen werden seit zirka 20 Jahren durchgeführt. Die Einführung war kantonal unterschiedlich. Heute werden sie schweizweit identisch durchgeführt, aber nicht mehr ausschliesslich durch Tierärzte und Tierärztinnen.

Kontrolliert wird die Einhaltung der Vorschriften in den Bereichen:

  • Primärproduktionshygiene
  • Milchhygiene
  • Tierarzneimitteleinsatz
  • Tierverkehr
  • Tiergesundheit

«Im Zusammenhang mit der Problematik der Antibiotikaresistenzen haben die Aspekte ‹korrekter Tierarzneimitteleinsatz› und ‹Tiergesundheit› in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und werden auch verstärkt risikobasiert kontrolliert», erklärt Reto Wyss, Berner Kantonstierarzt und Präsident der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte.

1,5 % gravierende Mängel

Pro Jahr würden alleine im Kanton Bern rund 1800 Nutztierhaltungen kontrolliert. «Im vergangenen Jahr mussten bei rund zwei Drittel der Betriebe Mängel festgestellt werden. Bei rund 1,5 % der Kontrollen wurden gravierende Mängel festgestellt», fasst Wyss die Situation im grössten Agrarkanton zusammen. Gravierend seien Mängel, bei denen die Lebensmittelsicherheit, der sichere Tierarzneimitteleinsatz oder die Tiergesundheit unmittelbar gefährdet seien. «So mussten zum Beispiel in einer Tierhaltung stark verdreckte Tiere und Stallungen, ein völlig verschmutzter Milchraum, der Einsatz von nicht zugelassenen Reinigungsmitteln, behandelte Tiere, die nicht markiert waren und deren Behandlung nicht aufgeschrieben wurde sowie nicht markierte Tiere beanstandet werden», so der Kantonstierarzt.

Antibiotikaeinsatz halbiert

Bei rund 30 % der Kontrollen würden wesentliche Mängel festgestellt. «Wesentlich sind zum Beispiel fehlende oder nicht dokumentierte Schalmtestuntersuchungen, Mängel bei der Führung des Behandlungsjournals oder einzelne nicht markierte Tiere», sagt Reto Wyss und ergänzt: «Hinsichtlich Antibiotikaeinsatz wird bei den Kontrollen eine Sensibilisierung von Tierhaltern und Tierärzten festgestellt. Die Statistiken zeigen, dass der Antibiotikaeinsatz in den letzten zehn Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist.»