Will man die Schadstoffbelastung beispielsweise eines Baches bestimmen, entnimmt man eine Probe und analysiert sie im Labor. Damit wird nur ein bestimmtes Zeitfenster abgedeckt, es handelt sich um eine Momentaufnahme, die nicht repräsentativ für den Zustand des Gewässers sein muss. Die Gewässerschutzverordung schreibt daher für Langzeitverunreinigungen stoffspezifische Maximalkonzentrationen vor, für die Wasserproben über zwei Wochen gemittelt werden. Dieses Vorgehen unterschätze akuttoxische Spitzen, warnt nun ein Forscherteam der Eawag. 

Alle 20 Minuten wird gemessen

Die Basis für diese Warnung lieferte der Prototyp eines fahrbaren, vollautomatischen Wasserlabors mit dem Namen MS2field. Über einen Schlauch entnimmt es Wasser aus einem Bach und führt selbstständig alle 20 Minuten eine Analyse der Wasserqualität durch. 

Grenzwert bis zu 30-fach überschritten

Die Forschenden verglichen die Daten aus dem MS2field mit den Ergebnissen einer herkömmlichen Analyse, bei der Proben über 3,5 Tage gemischt wurden. Im Gegensatz zum MS2field verpasste diese Untersuchung Konzentrationsspitzen des Insektizids Thiacloprid, das als Beispielstoff diente. Obwohl diese Werte kurzzeitig die gesetzliche und umwelttoxikologische Maximalkonzentration bis zu 30-fach überschritten, war die Gemischtprobe unauffällig.

Die in der Mischprobe ermittelten Werte lagen bis zu 170 mal unter den akuten Konzentrationen, weil sich die gemessenen Stoffe über die Zeit verdünnt hatten. 

Auch kurzzeitige Spitzen sind bedeutend

Laut den Forschenden bedeutet eine kurzzeitig starke Belastung nicht, dass sie harmlos ist. «Für gewisse Pflanzenschutzmittel haben bereits Spitzen von weniger als einer Stunde negative Auswirkungen auf aquatische Organismen. Und treten Konzentrationsspitzen wiederholt auf, kann eine zweite oder dritte Spitze noch grössere Wirkung haben – selbst wenn sie weniger hoch ist als die erste, weil sich die Organismen in der Zwischenzeit nicht erholen konnten. Dieses Risiko wird in Mischproben übersehen», wird Christian Stamm von der Eawag zitiert.

 

Wie geht es weiter?

Obwohl die Resultate der MS2field-Messungen zu Pflanzenschutzmitteln in einem landwirtschaftlich geprägten Bach als brisant bezeichnet werden, sind sie nicht die einzigen Daten, die mit dem Prototyp gesammelt wurden. Die Forschenden setzen ihn z. B. auch in einer Kläranlage ein und untersuchten, wie sich die Konzentration von Medikamenten im Abwasser über den Tag veränderte. 

Mehr verstehen und handeln

In Zukunft soll MS2field noch kleiner und handlicher werden. Dank der schnellen und häufigen Messungen vor Ort soll es möglich sein, Eintrittspfade von Pflanzenschutzmitteln wie z. B. Abdrift oder Regen besser zu verstehen und daraus Massnahmen abzuleiten. Weiter könne die neue Methode bei der Optimierung und Kontrolle der Reinigungsstufen in Kläranlagen genutzt werden oder zur realistischeren Beurteilung der ökotoxikologischen Belastung von Wasserorganismen.

Hier finden Sie den Fachartikel der Eawag zum MS2field