Einmal mehr machte die Delegiertenversammlung von Bio Suisse ihrem Ruf alle Ehre, eine der lebhaftesten des Jahres zu sein. So stellten Bio Fribourg, Bio Grischun und Bio Glarus einen Antrag, zukünftig sollten 4% des Budgets für die Stärkung der Regionen und Mitgliederorganisationen ausgegeben werden. Aktuell sind es zirka 2%. «Wir brauchen weniger Bürokratie», appellierte Vitus Schafer aus Alterswil FR. Viele Projekte aus den Regionen würden abgelehnt.

Zehnminütiges Timeout gefordert

Der Vorstand wies darauf hin, dass der kurzfristig eingereichte Antrag budgetrelevant sei und in den Budgetierungsprozess mitgenommen werden müsse. Deshalb könne erst an der Herbst-DV darüber abgestimmt werden. Das sei der Bio Suisse nicht würdig, konterten die Initianten und verlangten ein 10-minütiges Timeout, um sich zu beraten. Die Delegierten stimmten einer solchen Denkpause mit 56 zu 39 Stimmen zu. Der Vorstand nützte die Gelegenheit, um noch einmal die Statuten zu konsultieren, und blieb bei seinem Schluss. Vitus Schafer gab nach: «Wir akzeptieren die Statuten, auch wenn es meiner Meinung nach spitzfindig ist.» Über den Antrag wird nun also an der Herbst-DV entschieden.

Über GMF wird erst in einem Jahr entschieden

Auch beim Traktandum «Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion» (GMF) wurde es spannend. Zur Erinnerung: An der Frühlings-DV 2014 entschieden die Delegierten gegen den Vorstand, der GMF auf Anfang 2018 für alle Knospe-Betriebe obligatorisch erklären wollte. Stattdessen wurde das Geschäft um ein Jahr verschoben. Heuer nun beantragte der Vorstand, dass erst im Frühling 2016 über GMF abgestimmt werden solle. Begründung: Es gebe noch zu wenig Zahlen. Erst nach Ende der Kontrollsaison im Herbst sei klar, wie viele Biobetriebe aktuell erfolgreich GMF umsetzten.

Bio Suisse führte Gespräche mit Mutterkuh Schweiz und IP-Suisse. Dabei sei man zum Schluss gekommen, dass GMF ein geeignetes Programm, aber noch verbesserungsfähig sei. Die drei Verbände planen einen gemeinsamen Vorstoss beim Bund und überlegen sich, ein dreistufiges Modell ab 2018 vorzuschlagen. Dabei soll nicht nach Zone abgestuft werden, sondern nach Anteil Wiesen- und Weidefutter in der Ration: 75%, 90% und eine Variante mit null Prozent Kraftfutter.

Nun stellten aber die Bärner Biobure den Antrag, an dieser DV über GMF abzustimmen. Nach der letzten DV sei das Gefühl vorhanden gewesen, «dass Bio Suisse diese wichtige Entwicklung ein wenig verschlafen hat», so Kathrin Schneider, Präsidentin der Bärner Biobure. Sie habe sich beim Kanton erkundigt: «94% der Berner Biobetriebe haben sich für das Programm angemeldet.» Der Antrag sorgte für einige Diskussionen: «Ich finde es demokratisch nicht sauber, hier jetzt darüber abzustimmen», so Felix Lang von Bio Nordwestschweiz. Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli warnte, falls wirklich abgestimmt würde, wäre es ein Fiasko, GMF abzulehnen. «Das würde ein wichtiges Signal aussenden.» Daraufhin zogen die Bärner Biobure ihren Antrag zurück.

Eine Kartoffelsorte sorgt für Diskussionen

Letztes Jahr schloss die festkochende Kartoffelsorte Vitabella in Praxisversuchen des FiBL hervorragend ab und wurde bereits als mögliche Nachfolgerin von Charlotte gehandelt. Anbauen dürfen sie wegen Markenschutz aber nur ausgewählte Produzenten. Das sorgte für Unmut unter den Biokartoffelbauern. Das hatte jetzt Folgen: Nach intensiver Diskussion stimmten die Delegierten den Änderungen der Richtlinien bei der Pflanzenzüchtung und -vermehrung zu. Demnach sind künftig auf Knospe-Betrieben grundsätzlich nur Sorten zugelassen, die allen Knospe-Produzenten in der Schweiz zugänglich sind.

Die Delegierten wählten ausserdem Christina de Raad Iseli aus La Sarraz VD in den Vorstand. Sie folgt auf Danielle Rouiller, die Ende April zurücktritt.

Die Rechnung schliesst mit einem Überschuss von 35 700 Franken. Dieser soll für Pflanzenzüchtungsprojekte verwendet werden. Auch die kürzlich veröffentlichten Zahlen sind erfreulich: Die Anzahl der Knospe-Betriebe nahm 2014 um 95 zu. Der Gesamtumsatz biologisch produzierter und verarbeiteter Güter erreichte im letzten Jahr 2,207 Milliarden Franken. Das entspricht einem Wachstum von 154 Millionen Franken (+7,5%).

Jeanne Woodtli