«Die Zahlen zeigen es, wir sind alles andere als träge geworden. Die Knospe lebt!», so Bio Suisse-Präsident Urs Brändli zu Beginn der heutigen Delegiertenversammlung in Olten.

Tatsächlich konnte Bio Suisse letzte Woche eine schöne Erfolgsmeldung verbreiten: Die Zahl der Bauernhöfe, die biologisch produzieren, steigt weiter an. 2013 meldeten sich 195 Betriebe neu bei Bio Suisse an. Die gesamte Biofläche in der Schweiz nahm um 5'000 Hektaren zu. «Wenn es so weitergeht, könnten es nächstes Jahr 6000 Hektaren sein», so Urs Brändli.

«Die Traktandenflut war fast unaufhaltbar», hielt Geschäftsführer Daniel Bärtschi fest. So ist die Bio Suisse-DV bei den Journalisten der grünen Presse beliebt, weil es sich dabei um eine der lebhaftesten handelt. Nichts zu diskutieren gaben allerdings die statuarischen Geschäfte wie Jahresbericht und –rechnung.


Claudio Gregori und Wendel Odermatt neu im Vorstand

So kam man zügig zum ersten Höhepunkt auf der Traktandenliste: der Wahl von zwei neuen Vorstandsmitgliedern. Claudia Lazzarini gab nach drei Jahren ihren Rücktritt, Josef Stutz war bereits im November 2013 zurückgetreten. Zur Wahl stellten sich gleich vier Kandidaten: Claudio Gregori (Bio Grischun), Ruedi Voegele (Bio ZH-SH), Wendel Odermatt (Bio OW/NW) und Hermann Arni (Bärner Biobure).

Bereits im ersten Wahlgang schaffte Claudio Gregori die Wahl mit 62 Stimmen. Der Bündner arbeitet als Kontrolleur bei bio.inspecta, im Sommer weilt er als Hirt mit 100 Mutterkühen auf der Alp. Den Beruf als Biokontrolleur sei eine gute Vorbereitung auf dieses neue Amt, so Gregori, er stellte aber in Aussicht, das Pensum zu reduzieren. «Ich werde mich für pragmatische Lösungen einsetzen», versprach das neu gewählte Vorstandsmitglied.

Im zweiten Wahlgang schaffte es Wendel Odermatt mit 44 Stimmen in den Vorstand. Er bewirtschaftet einen Biohof mit 2 Lehrlingen in Wolfenschiessen NW. Odermatt ist seit 11 Jahren im Vorstand von Bio OW NW aktiv, davon neun als Präsident.

Lange Debatte über Initiativen

Einiges zu diskutieren gaben die Ernährungsinitiative des Schweizer Bauernverbands (SBV) und die Lebensmittelinitiative der grünen Partei. Der Vorstand hatte sich im Vorfeld für eine neutrale Haltung zu beiden Begehren entschieden. Er will die Initiativen offiziell also weder unterstützen noch ablehnen.

Francis Egger, Leiter Departement Wirtschaft, Bildung und Internationales beim Schweizer Bauernverband, machte Werbung für die Initiative für Ernährungssicherheit: «Unsere Initiative ist eine Erfolgsgeschichte.» Tatsächlich haben der Schweizer Bauernverband und der Verein für eine produzierende Landwirtschaft bereits 93'000 der benötigten 100'000 Unterschriften gesammelt. Francis Egger zeigte sich überzeugt, dass bis Ende Mai genug Unterschriften gesammelt sein werden.

«Wer kann gegen diesen Initiativtext des Schweizer Bauernverbandes sein?», fragte Milo Stoecklin im Namen des Bio Suisse-Vorstandes rhetorisch. Er fügte an, genau das sei das Problem des Textes, grundsätzlich seien alle Punkte unterstützenswert, aber sie seien auch alle schon in der Verfassung verankert (in den Artikeln zur Landwirtschaft, zur Raumplanung aber auch im Nachhaltigkeitsartikel).

Nationalrätin Maya Graf ihrerseits rührte die Werbetrommel für die grüne Initiative. Wie sie sagte, will die Initiative weder am bestehenden Verfassungsartikel noch an der aktuellen Agrarpolitik etwas ändern. Es brauche aber einen Verfassungsartikel zu den Lebensmitteln.

Die Initiative will, dass Schweizer Standards in Sachen Umwelt- und Tierwohl auch für importierte Lebensmittel gelten. «Bei Bioprodukten ist dies heute schon der Fall», sagte Maya Graf und lobte die Vorreiterrolle von Bio Suisse. Ausserdem will die grüne Initiative faire Handelsbeziehungen und Arbeitsbedingungen sowie weniger Transporte von Lebensmitteln quer durch die Welt.

Weder Ja noch Nein

Die Grundanliegen der grünen Initiative kann Bio Suisse zwar ebenfalls unterstützen, aber die Initiative enthalte diverse problematische Formulierungen. So werde von der falschen Annahme ausgegangen, dass die Schweiz per se immer höhere Standards erfülle und dies ewig so bleiben werde. «Das ist heute schon nicht der Fall», so Milo Stoecklin, zum Beispiel bei den Pestiziden. Weiter ignoriere die Initiative erfolgreiche Marktanstrengungen von IP Suisse, Bio Suisse oder von Mutterkuh Schweiz. Laut Vorstand verletzen die von der Initiative geforderten Handelseinschränkungen ausserdem internationale Verträge.

Bemängelt wurde auch, dasss die Kontrolle der Importe ein enormer bürokratischer Aufwand wäre. Wenn für im Ausland produzierte Lebensmittel Schweizer Standards gälten, würden die hiesigen Lebensmittel ausserdem austauschbar, befürchtet Bio Suisse weiter.
 
Es waren verschiedene Anträge eingegangen, Bio Suisse solle beide Initiativen offiziell unterstützen.  Von 98 anwesenden Delegierten wollten 39 beide Initiativen unterstützen. Die Mehrheit, nämlich 51, folgten aber dem Antrag des Vorstands, die neutrale Haltung zu behalten. Jedem Biobauer stehe es aber offen, die Initiativen voller Überzeugung zu unterstützen, «auch mit der Knospe auf der Brust», hielt Urs Bändli fest. 4 Delegierte enthielten sich der Stimme.

GMF wird nicht obligatorisch

Der Vorstand hatte die graslandbasierte Milch-und Fleischproduktion (GMF) per 1. Januar 2018 für alle Knospe-Betriebe verbindlich erklären wollen. Auch dies sorgte für eine angeregte Debatte. «Kühe vor allem mit Gras zu füttern, passt zur Knospe», hielt Urs Brändli fest.

Einige Teilverbände, nämlich Bio Nordwestschweiz, Bio Liechtenstein, Bio Ostschweiz und Bio Grischun, wollten dies jedoch nicht und stellten einen entsprechenden Antrag. 62 Delegierten folgten ihnen und stimmten gegen GMF, 21 Delegierte hingegen wollten GMF per 1.1.2018 für obligatorisch erklären und in den Knospe-Richtlinien festschreiben lassen.

Das Geschäft wird nun verschoben und in einem Jahr wieder behandelt.

Jeanne Woodtli

- mehr zur Bio Suisse-DV in der BauernZeitung vom 25. April