Leute im Land ernähren und ein Einkommen generieren. Das sei im Grunde eine wunderbare Sache. «Aber seit Längerem weht ein rauer Luft gegen uns. Und er wird heftiger!», sagt Stefan Schumacher, Präsident des Bernischen Fleckviehzuchtverbands (BFZV). Schumacher fragt sich, ob wohl die anderen 97% der Bevölkerung mehr verstünden von der Produktion, als die drei Prozent Bauern im Land. Denn genau so komme das derzeit rüber. Aber Schumacher gibt im gleichen Atemzug auch zu bedenken, dass diese Leute wenig Schuld trifft, dass sie die landwirtschaftliche Praxis in Tat und Wahrheit nicht kennen und daher auch nicht verstehen. Dafür fehle es ihnen am direkten Zugang. Und genau deshalb rücke etwas ganz stark in den Vordergrund. «Es ist an den Bauern, zu kommunizieren und zu erklären, was sie machen», rief Schumacher auf.

 

«Der fehlerhafte Mitarbeiter ist nicht mehr tragbar»

Es ist ein Vorfall, der die Viehzuchtszene seit Monaten beschäftigt. Und mit ihr natürlich auch Swissherdbook-Präsident Markus Gerber. Er informierte am Mittwoch anlässlich der DV des BFZV in Thun ausgiebig. Und stellte in Aussicht, dass an der Swissherdbook-Versammlung am 8. April in Bern noch intensiver auf «die Geschichte eingegangen» werde. 

Mitarbeiter beteiligt

Im Sommer 2019 bemerkten die Verantwortlichen von Swissherdbook einen unerlaubten Zugriff auf die Datenbank. Es handle sich dabei um einen Einzelfall, bei welchem sich eine Person unerlaubten Zugang zur Datenbank verschaffte und die dort hinterlegten Leistungsdaten einer Milchkuh manipulierte. Der Zugriff sei möglich gewesen, weil ein Mitarbeiter unachtsam war mit seinem Login. Es konnte ausgeschlossen werden, dass der Zugriff bewusst durch einen Mitarbeiter ermöglicht wurde, heisst es. Um weitere solche Zugriffe in Zukunft zu verhindern, hat der Verband mehrere Massnahmen getroffen. Darunter die zweijährige Sperrung des Betriebs, von welchem die Manipulation ausging. Das ist die offizielle Version. Was weiss man zum Fall weiter? Die BauernZeitung hat recherchiert. Klar ist, es handelt sich um eine rote Kuh, die nie bei Holstein Switzerland registriert war. Dieser Verband war also nie direkt von der Manipulation betroffen. 

Einige Wechsel des Besitzers

Heute steht die Kuh im Kanton Tessin, geboren wurde sie auf einem Emmentaler Betrieb. Das Tier wechselte einige Male seinen Besitzer, darunter gehörte es auch dem fehlerhaften Züchter, der ein namhafter Händler sei, wie sich die Branche einig ist. Dieser habe eine «schlechte Zellzahl» der Kuh manipuliert, indem er eine Wägung gelöscht habe. Mit der gleichen (später gelöschten) Wägung sei ein Fertalystest (Trächtigkeitstest) gemacht worden, wissen einige Züchter. Dem ehemaligen Besitzer der Kuh, der dem Händler das Tier auch verkauft habe, sei diese fehlende Wägung aufgefallen. Er meldete sich beim Verband, wo man der Sache auf den Grund ging. Dabei kam zum Vorschein, dass ein Kadermitarbeiter von Swissherdbook am Vorfall beteiligt war. Man habe aber innert drei Tagen sicherstellen können, dass der Mitarbeiter nicht am Computer gesessen habe, von dem aus die Manipulation vorgenommen wurde. Das entlastete ihn. Wie der fehlbare Züchter zum Login des Mitarbeiters kam, wird aber nicht ausgeführt. Ebenso wenig, um wen es sich handelt. Und genau hier liegt auch der springende Punkt. Auch wenn die beiden Namen nie bekanntgemacht wurden, wie es heisst, aus rechtlichen Gründen, weiss jeder, von wem die Rede ist. Natürlich auch Holstein Switzerland. Der Verband, der heute und übrigens auch schon bislang, dem fehlerhaften Züchter sämtliche Dienstleistungen anbietet, dürfte den Namen aber eigentlich nicht wissen, darum wird auch so kommuniziert. Der Umstand, dass der fehlerhafte Züchter ein mindestens so erfolgreicher Aussteller ist und der Mitarbeiter von Swissherdbook dessen Kühe an Ausstellungen vorführt, macht die Sache für die Basis schwer zu glauben, wie es immer wieder heisst. 

Ein Züchter meldet sich

Jakob Schenk, Eggiwil, wagte am Mittwoch am Mikrofon zu äussern, was viele denken: «Der fehlerhafte Mitarbeiter bei Swissherdbook ist nicht mehr tragbar», so Schenk und: «Jeder hier im Saal hat mit seinem Tun und Handeln auch die Möglichkeit, entsprechend auf das Geschehene zu reagieren.» Ausser Schenk wünschte am Mittwoch aus der Versammlung niemand das Wort. Der Fall wird die Viehzucht aber noch beschäftigen. Betrug ist kein Einzelfall, aber die Prominenz dieses Falls gibt ihm Gewicht.

 

Coronavirus als Chance

Es gäbe aber auch Gutes, zum Beispiel die Preise im Export oder der abgetragene Butterberg. Und obwohl das Parlament grüner geworden sei, die Vertretung für die Bauern sei nach wie vor gut und man dürfe an diese Leute glauben, ist Stefan Schumacher der Meinung. Und das ­derzeit allseits beschäftigende Coronavirus könne auch eine Chance sein. Dann nämlich, wenn die Regale leer seien und die Bevölkerung merke, dass es eine produzierende Landwirtschaft in der Schweiz gebe und brauche. Schumacher konnte zum ersten mal als Präsident in Thun zur 114. Delegiertenversammlung begrüssen. Die Berner Viehzüchter hielten trotz ­Corona und behördlicher Massnahmen an der Durchführung ihrer Versammlung fest.

Rechnung mit Verlust

An der BEA vom vergangenen Jahr, an der sich der BFZV jeweils mit einer Dauerausstellung von Kühen und diversen Vorführungen sowie der Eliteschau beteiligt, habe das teure Raufutter zu Buche geschlagen. «Und von dem teuren Futter haben die Kühe noch weniger Milch gegeben», erklärte Geschäftsführer Christian Burkhalter mit einem Schmunzeln die Rechnung des BFZV. Diese schloss mit einem Verlust von rund 13 000 Franken. Darin sind auch die 10 000 Franken enthalten, welche die Fleckviehzüchter an die Markthalle Schüpbach leisteten (wir berichteten).

 

BEA-Kühe anmelden

Vom 24. April bis 3. Mai findet wiederum die BEA in Bern statt. Derzeit läuft die Anmeldung der Kühe und Stiere für die Dauerausstellung. Diese ist noch möglich bis am Montag, 9. März. Auf ein Anmeldeformular in Papierform hat der BFZV verzichtet, die Anmeldung läuft über die Website, wo auch sämtliche Teilnahmebedingungen aufgeführt sind. Die Ausstellung der Kühe an der BEA ist ein Herzstück, daran wird nicht gerüttelt. Hingegen wurde der Auftritt der Kühe etwas «publikumsfreundlicher» gestaltet, wie Stefan Schumacher es bezeichnet. So sollen nicht mehr die Kühe einzeln kommentiert, sondern mehr auf das Publikum eingegangen werden.

 

Massnahmen umsetzen

Wie an den bevorstehenden Frühlings-Beständeschauen mit dem Coronavirus umgegangen wird, ist derzeit noch nicht abschliessend geklärt. Hier sei nicht Swissherdbook zuständig, sondern die jeweiligen Schauplatzbetreiber, erklärt Burkhalter. Nach heutigem Stand sieht es so aus, dass alle Schauen unter einem Aufmarsch von 1000 Personen durchführbar sind. Auch an den Schauen müssten, wie derzeit an allen anderen Veranstaltungen, alle anwesenden Personen Angaben zu ihrer Person und ihrem bisherigen Aufenthalt abgeben. Traktandiert wurde am Mittwoch auch die Reorganisation des BFZV-Vorstands. Nach einem Vorstoss zur Vorstandsverkleinerung an einer zurückliegenden DV wurde der BFZV-Vorstand damit beauftragt, sich mit einem entsprechenden Vorschlag an die DV zu wenden. Während der Ausarbeitung sei festgestellt worden, dass die Verbindung mit einem Vorstandsmitglied in die jeweiligen acht Unterverbände allen Beteiligten enorm wichtig sei, erklärte Stefan Schumacher. Die Abstimmung ging den auch mit zwei Gegenstimmen schlank durch.

Von der Versammlung wird demnach genehmigt, dass alle acht Unterverbände weiterhin vertreten sind und die beiden grössten Unterverbände VSA (Oberland) und EFZV (Emmental) statt bisher drei, neu noch zwei Sitze im Vorstand halten. Die sanfte Verschlankung wird nach dem ordentlichen Abgang zweier Vorstandsmitglieder aus den beiden grossen Unterverbänden geschehen. Nach Plan würden demnach Hans Staub, Eriswil, und Hans Zumbrunnen, Aeschiried, nicht ersetzt.

Abschied der Experten

Verabschiedet wurden am Mittwoch Roger Grossniklaus (Experte Zuchtfamilienschauen) und Viktor Reber (Beständeschauexperte). Dieser habe aufgrund seines Rituals in seiner zwölfjährigen Amtszeit als Experte 30 kg Schokolade gegessen und zwölf Liter Marc getrunken, wie Christian Aegerter, Präsident Schaukommission, bei Rebers Verabschiedung mitteilte. Und das notabene, ohne abhängig zu werden, wie er ergänzte. «Es ist das schönste Ämtli, das man haben kann, und genau darum braucht es eine Amtszeitbeschränkung, sonst würden das immer noch die Gleichen machen, wie vor 50 Jahren», schloss Viktor Reber seine Verdankung gewohnt unterhaltsam.

 

Wahlen beim Bernischen Fleckviehzuchtverband

An der 114. Delegiertenversammlung des BFZV in Thun kam es zu Wiederwahlen und Neuwahlen. Zum einen musste Experten-Ersatz gesucht werden, zum anderen gab es Bestätigungswahlen im Vorstand.

Wiederwahlen Vorstand: 
Hans Gerber (Emmental)
Jürg Küng (Emmental) 
Bernhard Kunz (Fraubrunnen)

Neuwahlen Beständeschauexperten: 
Ulrich Fahrni (Oberaargau)
Michael Teuscher (Oberland)

Ulrich Fahrni folgt auf Samuel Flückiger, der bereits ein Jahr nicht mehr als Viehschauexperte unterwegs ist. Dieser Sitz blieb ein Jahr vakant und konnte vor dem Abwandern in eine andere Region für den Oberaargau durch Fahrni gehalten werden. Michael Teuscher wurde bereits an der VSA-Versammlung vor einem Jahr vorgeschlagen und folgt nun auf den am Mittwoch verabschiedeten Viktor Reber.