Landwirte stehen permanent unter Druck. Nebst dem Führen des Unternehmens kommen häufig Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Organisationen dazu. Bäuerinnen stehen nicht minder unter Druck. Neben dem Engagement im Betrieb leisten sie vielfältige, oft unauffällige Arbeiten im Haushalt, sind zuständig für die Kinder und haben zum Teil ausserbetriebliche Anstellungen. In der Landwirtschaft stehen wir täglich einem Übermass von Arbeit gegenüber. Und somit auch der Gefahr eines Burnouts.

Fünf Tipps, um einem Burnout erfolgreich vorzubeugen:

1.In der Landwirtschaft von einer «Work-Life-Balance» zu sprechen ist ein Hohn, weil eine 60-Stunden-Arbeitswoche auf den meisten Betrieben Realität ist. «Work-Life-Balance» kommuniziert ja «Work» oder «Life». Auf einem Landwirtschaftsbetrieb geht es weniger um die «Work-Life»- als vielmehr um die «Life-Balance». Arbeiten ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens.

Es ist wichtig, immer wieder bewusst die Freude an der Arbeit zu suchen. Wenn ich mich bei meinem Schaffen im Haushalt, im Stall oder auf dem Traktor freuen kann, geht es mir wesentlich besser und ich bin leistungsfähiger. Im Vergleich mit anderen Berufen haben wir als Bäuerin und Landwirt sehr abwechslungsreiche Arbeitstage. Als Paar sehen wir uns täglich mehrmals, können als Familie miteinander Mittagessen, abwechselnd im Haus oder im Freien arbeiten, das Erwachen der Natur bewusst wahrnehmen usw. Rufen wir uns diese Vorteile unseres Berufs immer wieder in Erinnerung!

2.Ich schaue der Realität in die Augen, beobachte mich selber und nehme wahr, was mich in meinem Inneren tatsächlich belastet, was mir die Laune verderben kann oder was mir Angst macht. Ist es das übervolle Mass an Arbeit oder ist es eher das permanente Nörgeln und in Frage gestellt werden von Vater oder Schwiegermutter? Oder fühle ich mich in meiner Rolle als Betriebsleiter überfordert und schiebe anstehende Entscheide vor mir her? Vielleicht ist es die Kälte in unserer Beziehung, die sich über die Jahre stillschweigend breitgemacht hat und mir im Innersten Angst macht. Gefragt ist Ehrlichkeit mir selber gegenüber. Wenn ich weiss, was mich bedrückt und den Mut habe, dazu zu stehen, kann ich gezielt dagegen vorgehen. Manchmal ist es sinnvoll, meine Situation gemeinsam mit einer anderen Person, z. B. im Rahmen eines Coachings zu reflektieren.

3.Ich vergleiche nicht mit anderen und habe den Mut, meinen eigenen Weg zu gehen. Beim Nachbarn oder der Nachbarin sieht immer alles viel einfacher aus. Aber wir sehen ja nicht hinter die Fassaden, ob er oder sie wirklich glücklich ist. Und das ist auch gut so.

4.Oft bin ich mir mit meinem Perfektionismus selbst die grösste Last. Ich darf auch einmal Feierabend machen, wenn noch nicht alle Wäsche erledigt oder der Küchenboden nicht aufgenommen ist. Ich stelle einmal mehr fest, dass meine heutige «To do-Liste» zu umfangreich war. Auch wenn die Arbeiten in der Werkstatt, die ich mir für heute vorgenommen habe, nicht alle erledigt sind, darf ich das Werkzeug ablegen und mich auf einen gemütlichen Abend zusammen mit meiner Frau freuen.

5.Ich achte auf meine «Energie-Bilanz». Ich beobachte mich selber und nehme wahr, wo ich Energie verbrauche und wo und wie ich Energie aufbauen kann. In meiner Agenda plane ich Zeitfenster, in denen ich mich entspannen und Energie auftanken kann, genauso wie andere wichtige Geschäftstermine. Vielleicht kann ich Energie tanken an den wöchentlichen Proben der Musikgesellschaft, beim Monatsjass mit den Kollegen oder dem gemeinsamen Saunabesuch mit meiner Partnerin oder meinem Partner.

Ernst Flückiger ist Leiter Fachbereich Beratung und Geschäftsleitungs-Mitglied von Inforama, Zollikofen BE