Bäume voll mit saftigen Äpfeln, Nüsse, die darauf warten zusammengesucht zu werden. Frischer Most und prickelnder Sauser. Es ist Herbst. Vor vielen Jahren ertönte zu dieser Jahreszeit oft ein Jodellied von Jakob Ummel im Radio. Es fing diese Herbststimmung wunderbar ein. «Es herbschtelet» heisst das Stück. Es kommt mir in dieser Zeit immer wieder in den Sinn, denn es beschreibt die Atmosphäre des Herbstes sehr treffend.


In meiner Jugend hiess es jeweils: «Wenn in der zweiten Hälfte August die ‹Lüderechilbi› im Emmental stattfindet, nimmt der letzte Besucher auf dem Heimweg den Herbst mit ins Tal.» Eine schöne Vorstellung, der Herbst ist eine wundervolle Jahreszeit. Jede andere auch, ganz klar! Aber der Herbst ist golden, ist farbig, ist reich und vielleicht ein bisschen traurig. Diese Jahreszeit läutet das Ende des Jahres ein. Mit den warmen, sonnigen Tagen, mit dem tiefblauen Himmel und den sternklaren Nächten bringt er so viel Schönes mit sich.


Es geht ans Abschliessen, ans Aufräumen, aber auch ans Aussäen fürs nächste Jahr. Also der Kreis dreht sich weiter, Ende und Anfang sind nahe beieinander. Das Laub verfärbt sich, die Farbtöne von gelb bis dunkelrot erfreuen uns, mit dem braunen Farbton werden die Blätter dann von der Erde aufgenommen.


Noch gilt es zu ernten, noch blühen die bunten Dahlien, es hat sie noch kein Frost ihrer Farbe beraubt. Meine gelben Herbsthimbeeren erfreuen sich an den warmen Sonnentagen und danken es mit reifen, süssen Früchten. Nüsse, Buchecken und Eicheln bedecken den Waldboden. Die Schuhe lassen es knirschen und rascheln auf dem täglichen Spaziergang. In unserer kleinen Mutterkuhherde hat es Nachwuchs gegeben. Zwei schwarze Dexter-Kälbchen springen munter ihren Müttern hinterher und geniessen die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Weide.


Soll ich mich da noch über den vergangenen Sommer beschweren? Über eine Weizenernte, die ziemlich mühsam war, über Emd, das nicht getrocknet werden konnte und als Silage endete. Wir Bauernfamilien haben es doch im Blut, wir machen aus jeder Situation das Beste. Schliesslich bleibt uns nichts anderes übrig. Ich habe irgendwo gelesen: «Man muss die Feste feiern wie sie fallen und das Wetter nehmen wie es ist.» Treffender geht es nicht!


Schliesslich bringt uns das Wetter auch immer wieder ein willkommenes Gesprächsthema. Worüber kann man sich sonst so oft und mit allen unterhalten? Das Ende des Gesprächs bringt immer und überall wieder die gleiche Erkenntnis: Gut, dass wir das Wetter nicht selber machen können! Die Vorstellung, dass ein korrupter Politiker, ein weltfremder Professor oder ein Meteorologe unser Wetter bestimmen könnten, jagt nicht nur mir Angst ein. Das käme nicht gut und gäbe sicher noch mehr Krieg und Unfrieden auf der Welt.

Wir leben mit den Jahreszeiten, erleben die verschiedenen Wetterlagen, lassen uns den Wind durch die Haare wehen und  geniessen die warmen Sonnenstrahlen. Bei Regen schütze ich den Kopf mit einem Hut, und dann lässt sich auch dieses Wetter aushalten.

Zum jetzigen Zeitpunkt wünsche ich uns allen einen wunderschönen, sonnigen und goldenen Herbst.

Erika Hubeli