Unser Angestellter aus Rumänien erzählte uns kürzlich eine Geschichte, die uns sehr berührt und auch erheitert hat. Er kennt einen Mann aus seinem Dorf, der auf einer Alp lebt und Rindli aufzieht. Er arbeitet jeden Tag von morgens bis abends und kümmert sich um seine Tiere. Als Levi ihn mal besuchte, erzählte er ihm, er verkaufe nun seine Kühe, aber die Rindli wolle er behalten, denn er möchte doch noch deren  Kälber aufziehen und schauen, ob sie gute Milch­kühe werden – der Mann war 92 Jahre alt.

Was für eine positive Lebenseinstellung!  Er war noch nie beim Arzt, trinkt täglich ein Schnäpschen und ein Glas Rotwein, ist glücklich und zufrieden. Der Mann ist heute 97, lebt immer noch auf der Alp und erfreut sich täglich an seinen Kühen.

Es sind also nicht immer die Jahre, die uns prägen, sondern vielmehr ist das entscheidend, was wir tun, als Ziel vor Augen haben und wie wir unsere Fähigkeiten einschätzen. Wie heisst es doch: Man ist so alt, wie man sich fühlt. Und wie man sich fühlt, darüber entscheiden unsere Gedanken und Einstellungen.

Mein Götti sagte zu mir, als er 90 wurde: «Ich war immer gesund und fit und trotzdem wartete ich irgendwie immer darauf, dass es mir schlechter ging. Mit 70 kaufte ich aus Altersgründen kein neues Auto mehr, mit 80 verkaufte ich aus Altersgründen mein Boot, dabei waren die Tage auf dem Rhein meine schönsten Stunden. Nun bin ich 90 und denke, hätte ich doch bloss damals anders gedacht. Ich hätte noch so viele schöne Dinge unternehmen können.» Kurz darauf verstarb er dann.

Oft hört man im eigenen Umfeld von älteren Menschen, dass sie vieles nicht mehr anfangen wollen, weil sie zu alt sind. Was genau ist denn alt? Dies ist sicher  eine Frage der inneren Einstellung. Wir sollten uns von unserer eigenen Anzahl von Jahren nicht  negativ beeinflussen lassen. Mit 70 keinen Hund mehr zu sich holen, weil man bald sterben könnte? Man kann auch mit 30 an einem Unfall sterben. Fange jeden Tag wie ein neues Leben an. Das ist ein sehr schöner und weiser Spruch.

Wie wir altern, wie jung oder alt wir uns fühlen und sind, hängt sehr stark von unseren Erwartungen ab. Natürlich auch davon, ob man körperlich noch fit ist oder nicht von Krankheiten gefesselt. Aber je mehr man mit dem Älterwerden Gebrechlichkeit, Vergesslichkeit und andere  Defizite verbindet, umso wahrscheinlicher werden diese eintreten. Also sollten wir versuchen, positiv zu denken, sich auch darauf zu freuen, dass man nach der Pensionierung  Zeit hat für Dinge, die man im Berufsalltag nie hatte. Zum Beispiel für Softball-Tennis, Aqua-Fit, Computer- und Sprachkurse, Line-Dance, Pilates, Schleuder- und Schreibkurse, Senioren-Theater, Lesezirkel oder sich zum Stadtführer ausbilden lassen. Also – immer aufrecht gehen und nach vorne schauen!

Claudia Gysel