Im Auftrag der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch wurden 59 Portionen Hähnchenfleisch untersucht. Die Proben stammten von Lidl, Netto, Real, Aldi (Nord und Süd) sowie Penny. Mehr als jede zweite Probe (56 Prozent) sei mit Antibiotika-resistenten Erregern belastet. Jede fünfte Probe weise sogar mehrere verschiedene Resistenzen auf. Und mehr als jede dritte Probe sei kontaminiert mit Resistenzen gegen Reserveantibiotika. Das sind spezielle Antibiotika, die bei erkranken Menschen im Notfall wirken müssen, wenn andere Antibiotika nicht mehr anschlagen.

Zu lasche Auflagen

Für Reinhild Benning, Agrarexpertin bei Germanwatch, zeigen die alarmierend hohen Resistenzraten auf Hähnchenfleisch, dass die Bundesregierung bei der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen aus Massentierhaltungen bisher versagt. Sie beschuldigte die Landwirtschaftsministerin Klöckner, dass diese in Kauf nehme, gegen Antibiotika resistente und sogar multiresistente Keime auf Fleisch bis in die Küchen von Verbraucherinnen und Verbrauchern, Restaurants sowie auch Krankenhäuser gelangen zu lassen.

In den Augen von Benning sind die Auflagen beim Einsatz von Reserveantibiotika viel zu lasch. Zudem gebe es hochriskante Lücken bei der Erfassung des Antibiotikaverbrauchs. Dies öffne Hintertüren für den Missbrauch von Antibiotika in industriellen Tierhaltungen Deutschlands.

Turbozucht soll verboten werden

"Menschen könnten sich antibiotikaresistente Keime aus Massentierhaltungen unter anderem über Lebensmittel oder über die Ausdünstungen aus Tierfabriken einfangen", so Dr. Gerd Ludwig Meyer, Facharzt für Innere Medizin in Nienburg/Weser. Die Resistenzraten würden erst dann sinken, wenn die Bundesregierung ihrer Sorgfaltspflicht endlich nachkomme und Tierärzten verbiete, die Folgen der katastrophalen Haltungsbedingungen und der Turbozucht in der Billigfleisch- und Billigmilcherzeugung mit dem Verschreiben von Antibiotika zu kompensieren, so Meyer weiter.

Allein in Deutschland sterben nach Angaben des Robert Koch Instituts bis zu 4'000 Menschen pro Jahr an Infektionen, gegen die keine Antibiotika mehr helfen.