Mit grossem Vergnügen, lautet die Antwort sinngemäss. Nur – die Freude ist von kurzer Dauer. Serviert wird nicht ein Werk über das Sozialleben, die Rassenvielfalt oder weitere Facetten unseres wichtigsten Nutztiers. Nein, auf dem Programm steht «Cowspiracy», ein amerikanischer Dokumentarfilm. Er ist derart tendenziös, dass meine Liebste – bis anhin eine begeisterte Käsemaus und Fleischtigerin – nach eineinhalb Stunden in Erwägung zieht, Veganerin zu werden. Darauf entbrennt auf dem Sofa eine engagierte Diskussion, deren Details wir hier jetzt nicht ausbreiten wollen.

Die Botschaft von «Cowspiracy» ist kurz zusammengefasst die Folgende: Landwirtschaftliche Tierhaltung verursacht 51 Prozent der Klimagase und ist deshalb böse. Sie muss deshalb besser heute als morgen abgeschafft werden, während sich die Menschheit künftig vegan ernähren soll. Das Machwerk ist derart subtil, dass selbst einem eingefleischten Freund der Landwirtschaft zuweilen am Weltbild gerüttelt wird. Dass dabei die Kehrseite einer globalen Veganisierung, so etwa Verbuschung, Erosion und Monokulturen mit Mandel- und Avocadobäumen komplett ausgeblendet werden, versteht sich von selbst. 

«Cowspiracy» ist längst nicht der erste Film, der die zweifellos existierenden Probleme der modernen Landwirtschaft herauspickt, diese kräftig dramatisiert und anschliessend radikale Schlussfolgerungen zieht. Weitere Beispiele sind «More than Honey», «Bauer unser», «We feed the World» oder «Das System Milch». Diese Filme sind gut gemacht und interessant anzuschauen, auch weil sie einem emotionale Achterbahnfahrten erlauben. So schwankt man etwa in «Bauer unser» aus Österreich ständig zwischen Mitleid für die Bauern in ihren Zwangsjacken und Aggressionen auf das System, das sie dort reinpresst. Umgekehrt geht es allen Biobauern im Film blendend. Vergessen geht dabei die Tatsache, dass die österreichische Selbstversorgungsrate mit Sicherheit deutlich zurückginge, würde nur noch derart biologisch-idyllisch produziert wie auf den besuchten Ökobetrieben.

Das ist die Schwäche all dieser Filme: Sie greifen die Bauernfamilien an, die um ihre Existenzen bangen. Dabei geht bei den von der Bilderflut erschlagenen Konsumenten oft vergessen, dass die modernen Ernährungssysteme nicht hofgemacht sind. Die Bauern und ihre Tiere haben heute global in der Mehrzahl einer brutalen industriellen Logik zu gehorchen, die von den strategischen Zielen multinationaler oder nationaler Grosskonzerne beherrscht ist. Profit wird in Quartalsergebnissen gemessen. Wenn die Resultate nicht stimmen, sind Manager schneller weg, als Milchkühe mit schlechter Fruchtbarkeit. Dieses kurzsichtige Denken und Handeln widerspricht der ursprünglich auf nachhaltige Bewirtschaftung ausgerichteten bäuerlichen Philosophie diametral.

Einen Teil der Schuld für diese Zustände müssen sich die Bauern in die eigenen Stiefel schieben lassen. Zu lange hat man die Kommunikation mit den Konsumenten vollständig den Verarbeitern und dem Handel überlassen. Höchste Zeit also, hier zu handeln. Die Erkenntnis scheint nun auch in der Schweiz langsam anzukommen. Dies zeigen die jüngsten Turbulenzen um die Basiskommunikation. Hier will man künftig noch direkter mit den Konsumenten in Kontakt treten, auf die eigene Situation aufmerksam machen und dabei auch die heiklen Punkte nicht aussparen. Das tut dringend Not, wenn man sieht, was an Initiativen auf die Branche zukommt. Initiativen, deren Radikalität und Zustandekommen nicht zuletzt auch den erwähnten Filmen zu verdanken ist.

Garantiert nicht zielführend ist dabei eine Verbrüderung mit einer Organisation wie Avenir Suisse. Diese ist nämlich von exakt dem Schlag von Konzernen finanziert, die geholfen haben, die Landwirtschaft in die Misere zu reiten, in der sie sich heute oft befindet. Vielmehr gilt es mit den wichtigsten Partnern Koalitionen zu schmieden. Nämlich mit denjenigen, die unsere Produkte konsumieren. Dafür braucht es Konzessionen und Verständnis von beiden Seiten, aber keine weiteren Inputs von falschen Freunden, denen es lediglich um den kurzfristigen Profit und die Spaltung der Branche geht. 

Adrian Krebs

Diese Analyse ist aus der Printausgabe der BauernZeitung. Jetzt Kennenlernen!