Es fehlt an Mitgefühl und Verständnis für die «Chrampfer» auf dem Land. Liegt das am Desinteresse oder betrachten die Städter die Lebensmittel, die hart erarbeiteten landwirtschaftlichen Produkte als selbstverständlich? Wo liegen die Gründe und viel wichtiger: Wie kann damit umgegangen werden?

Zuerst zu den Gründen: Wenn es ums Geld geht, zeigt der Mensch grundsätzlich ein anderes Verhalten. Daher könnte das Dauerthema Direktzahlungen eine grosse Rolle spielen. Hier zeigt sich bereits, wie wenig Wissen über die Landwirtschaft besteht.

Dann nämlich, wenn Fragen kommen wie: Wieso bekommen die Bauern extra Geld, nur weil sie ein paar Blümchen auf dem Feld haben? Wieso unterstützt man die noch? Wir könnten die Lebensmittel doch viel billiger importieren? So tönt es teilweise auf den Strassen in Schweizer Städten. Oftmals ist diese Aussage von Jugendlichen zu hören. Der Direktzahlungs-Dschungel in der Schweiz ist tatsächlich ein ziemliches Dickicht und es ist daher durchaus verständlich, wenn der Amateur sich da nicht durchkämpfen kann (und will), und sich dann mit einfachen Fragen und pauschalen Antworten begnügt. Trotz dieses Unwissens will man dennoch etwas dazu sagen.

Fragen zu stellen, ist richtig. Es zeugt aber nicht nur von Ahnungslosigkeit, sondern auch von Respektlosigkeit und Desinteresse, wenn die Antworten dann nicht gehört werden wollen.  In den Städten fehlt es am Verständnis für die Gegebenheiten des landwirtschaftlichen Alltags.  So muss ein Bauer oder eine Bäuerin mehr als achteinhalb Stunden arbeiten, selbst bei schlechter Witterung. Eine schier unvorstellbare Sache für Bürogummis, die sich den dritten Kaffee holen und über den Regen draussen meckern. Auch die Tiere wollen sieben Tage pro Woche versorgt sein. Daran denkt wohl ein Grossteil der Stadtbevölkerung kaum bis gar nicht. Warum sollten sie auch, landwirtschaftliche Produkte sind schliesslich durchgehend bei Migros und Coop erhältlich. Hier wäre nun Aufklärungsarbeit seitens Schulen oder Medien gefragt.

Für Aussenstehende ist das Leben auf einem Bauernhof schwer zu verstehen. Das Unverständnis fängt schon früh an, nämlich bei den Eltern. So wurde beobachtet, dass Eltern teilweise ihren Kindern die Landwirtschaft nicht nahe genug bringen können. Dies führt dann später nicht nur zu einer Art Selbstverständlichkeit im Umgang mit landwirtschaftlichen Produkten, sondern fördert auch das Unverständnis für die Branche und deren Akteure.

Hinzu kommt, dass sich gerade die Kinder aus der Landwirtschaft als Minderheit auf dem Pausenplatz und im Klassenzimmer behaupten müssen. Während meiner Schulzeit berichteten wir jeweils von den Erlebnissen in den Ferien im Ausland. Die Bauernkinder in unserer Klasse konnten da nicht mithalten. Sie mussten zuhause bleiben, auf die Schafe und Ziegen aufpassen und beim Heuen mithelfen. Der Rest der Klasse reagierte verblüfft und man tuschelte untereinander schon fast hämisch. Erst als die Lehrerin erklärte, wie anspruchsvoll dieses Leben ist, konnten wir verstehen, was das Leben auf dem Bauernhof auch mit sich brachte. 

Die Betroffenen selbst können jedoch auch einen Beitrag leisten und die Bevölkerung mit dem Thema Landwirtschaft vertraut machen. So gibt es immer mehr Bauern, die sich kreative Angebote für Städter und Landwirtschafts-Interessierte einfallen lassen. Zum Beispiel die Betreiber der Webseite «kuhleasing.ch». Hier kann man aus verschiedenen Angeboten wählen und so eine Kuh während eines Alpsommers leasen. Am Ende der Saison erhält man eine bestimmte Käsemenge zugesprochen. Die Kuh kann sogar auf der Alp besucht werden. Dort kann man sich körperlich betätigen und beim Steine wegräumen umd beim Stallausmisten helfen.

Gemäss dem Veranstalter kommen viele Besucher bei diesem Erlebnis auf die Welt und realisieren erst dann, um was für eine «Knochenbüez» es sich hier handelt. Offensichtlich haben selbst in der Schweiz viele Menschen das Gefühl, dass die Milch aus der Migros kommt.

Schlussendlich bleibt dieses Unverständnis für die hart arbeitenden Menschen im ersten Wirtschaftssektor wohl noch eine Zeit lang erhalten. Solange es keine Berührungspunkte zwischen Stadtmenschen und Landwirten gibt, sei es aufgrund von Desinteresse oder Vorurteilen, wird sich diese Stimmung nicht ändern. Zum Glück gibt es aber immer mehr innovative Bauern, die mithilfe von kreativen Konzepten die Brücken zu den Städtern bauen.

Marcel Schmid