Dafür werden Flächen gerodet, der Boden ausgelaugt und möglichst viel Landwirtschaft betrieben. Um dem Wunsch der Konsumierenden nach grossen Mengen und bester Qualität gerecht zu werden, setzen Landwirte Pflanzenschutzmittel (PSM) ein. Und das zulasten unserer Umwelt.

Ab den 1970-er Jahren erkannten Biopioniere den grossen Nutzen, welcher vom biologischen Pflanzenschutz ausgeht. Was zunächst als verrückte Idee abgestempelt wurde, erwies sich als harte Konkurrenz zum chemisch-synthetischen Pflanzenschutz. Der anfänglich kleine Markt wurde zum Megatrend. Nicht nur weil Rückstände in Nahrungsmitteln nachgewiesen werden konnten, sondern auch, weil Schädlinge vermehrt Resistenzen gegenüber chemischen Wirkstoffen bildeten.


Mittlerweile sind biologische Produkte auch in der konventionellen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Sie kommen vor allem dort zum Einsatz, wo chemisch-synthetische Mittel versagen oder nicht eingesetzt werden dürfen. Auch die chemische Industrie erkannte den Bedarf und investiert. Kein Wunder, wächst der Markt für biologische PSM jährlich um mehr als 15 Prozent.


Dieser Zuwachs kommt nicht von ungefähr. Denn der politische und gesellschaftliche Druck auf den chemischen Pflanzenschutz ist deutlich spürbar und in den letzten Jahren angestiegen. Auch in der Schweiz, wo zwei zustande gekommene Volksbegehren – Trinkwasser-Initiative und Pestizid-Initiative – das 
Bedürfnis einer wachsenden Bevölkerungsschicht nach rückstandsfreien Nahrungsmitteln und unbelastetem Trinkwasser aufzeigen. Der Staat hört zu und reagiert mit diversen Aktionsplänen, die 
u. a. chemisch-synthetische Wirkstoffe mit einem erhöhten Risiko auf Umwelt und Mensch verbieten. Dabei zeichnet sich langsam eine Bewegung ab: Kommt das Bioland Schweiz?


Laut einer Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) ist diese Idee umsetzbar. Zunächst würde sich die Menge der PSM in der Schweiz radikal reduzieren. Von den jährlich 2200 Tonnen Pflanzenschutzmitteln könnten nur noch weniger als die Hälfte und nur biozugelassene Produkte eingesetzt werden. Etwa 80 bis 90 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen würden gar ohne Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet. Das hätte eine grosse Auswirkung auf unsere natürlichen Ressourcen. Die Kontamination von Fliessgewässern, Grundwasser und Nahrungsmitteln ginge stark zurück. Zudem böten Bioackerflächen einen besseren Schutz gegen Bodenerosion und Hochwasser. Veränderte Anbaumethoden würden Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit verbessern – zugunsten von Artenvielfalt und Kulturen.

Doch es ist nicht zu leugnen: Die Vorteile eines ausschliesslichen Biolandbaus brächten auch gewisse Nachteile mit sich. Der Schädlings- und Krankheitsdruck ist durch den biologischen Pflanzenschutz nur bedingt zu unterdrücken. Man müsste daher mit Qualitäts- sowie Ertragseinbussen mit bis zu 40 Prozent rechnen. Spezialkulturen wie Gemüse, Obst oder Zuckerrüben könnten nicht mehr angebaut werden. Importe wären die Konsequenz. Die Produktion würde wahrscheinlich ins Ausland verlagert werden, wo die Schweiz keinen Einfluss auf die Herstellung nehmen könnte. Landwirte und Landwirtinnen könnten nur noch für «extrem anspruchsvolle» und kaufkräftige Konsumierende produzieren.


Ein Szenario beim heutigen Stand der Technik. Mit fortschrittlichen, innovativen Pflanzenschutztechniken und neuen Methoden zur Züchtung resistenter Sorten liesse sich das Bioland Schweiz vielleicht realisieren. Doch wird häufig die Forschung und damit der Fortschritt durch eingefahrene Gegner ausgebremst. Erst kürzlich entschied sich der Europäische Gerichtshof gegen die umstrittene Züchtungsmethode Crispr-Cas, welche eine schnellere, einfachere und kostengünstigere Züchtung von resistenten Pflanzen ermöglicht. Für die Schweiz steht ein Entscheid noch aus.


Aktuell suchen Politik, Forschung und Industrie nach alternativen Lösungskonzepten, die den Trend in Richtung Bioland weitgehend realisierbar machen könnten. Denn laut der BiopflanzenschutzIndustrie IBMA kann davon ausgegangen werden, dass bereits in 25 bis 30 Jahren der Bioanbau überwiegt. Eine Umstellung auf Bio wäre 
demnach unumgänglich.  

Katrin Erfurt