Auf dem Ilanzer Marktplatz verbreitete sich ein Raclette-Duftwölkchen und vermischte sich mit jenem der Grilladen. An der 14. Alpkäseausstellung in Ilanz wurden am letzten Samstag Käse von zehn verschiedenen Alpen des Bündner Oberlands präsentiert. Unterstützt von Sponsoren stellte der Bauernverband Surselva den Alpgenossenschaften die Infrastruktur dafür kostenlos zur Verfügung. Der Event mit Festzelt und musikalischer Begleitung ist eine wunderbare Plattform, den frischen Alpkäse degustieren zu lassen, für ihn zu werben und neue Kundschaft zu gewinnen.

Von Geisskäse über Ziger bis zu Frischkäse: Die Auswahl war gross. Trotz der feinen Alpkäse und der Erinnerung an einen gelungenen Alpsommer: Am vergangenen Samstag war in Ilanz auch der Wolf immer wieder Gesprächsthema. 60 offiziell registrierte Schafrisse im Bündner Oberland trübten das Bild.

Eine Leidenschaft

Die Alpkäseausstellung ist auch ein Fest zu Ehren des Alppersonals, und so traf man nebst vielen Landwirten auch manchen Senn, Zusenn und Hirten. Auch Lucas Bass aus Rabius war zugegen. Er war dieses Jahr bereits im elften Sommer z Alp und war heuer zum ersten Mal auf der Alp Ruschein. Um während der Saison auf einer Alp arbeiten zu können, nimmt sich der Lastwagenchauffeur ­einige Monate unbezahlten Urlaub. «Z Alp gehen ist schon fast so etwas wie eine Sucht geworden. Eine Leidenschaft – es ist schön, mit den Tieren zu arbeiten und in der Natur zu sein», erklärte er.

Zeichen der Wertschätzung

Die Alpkäseausstellung mit der Möglichkeit, den Alpkäse in einem festlichen Rahmen zu präsentieren, sei ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber dem Alppersonal, welches dieses exzellente Produkt mit viel Mühe produziert habe. Das sagte Thomas Roffler. Im Ausstellungszelt hat der Präsident des Bündner Bauernverbands feststellen können, dass die Kundschaft sich über die Produkte freut und diese gerne degustiert. Und die Aussteller freuen sich ihrerseits darüber, dass sie ihre Produkte verkaufen können.

Thomas Roffler sprach jedoch auch die Schattenseiten der Sömmerung an. Die rasche Vermehrung der Wölfe in der Surselva habe zu einer bedenklichen Situation geführt. «Es wäre bedauerlich, wenn die Alpbewirtschaftung sich deswegen zurückziehen müsste», sagte Roffler. Er ist der Meinung, dass es möglich sein müsse, den Wolf für die Jagd freizugeben. So wie dies bei anderen Wildtieren auch der Fall ist. Für Roffler ist die Alpbestossung ein altes, unantastbares Kulturgut, welches es zu erhalten gelte. Es wäre schade, wenn die Sömmerung dem Wolf zum Opfer fiele, sagte er. Vom Bund erwartet Roffler, dass dieser bereit ist, in diesem Bereich Entscheidungskompetenzen an die Kantone zu delegieren. Nicht alle Kantone seien nämlich im gleichen Masse mit Wolfsproblemen konfrontiert wie die Bergkantone.

60 Risse in der Surselva

Curdin Capeder, der Präsident des Bauernverbands Surselva, sagte, dass für diesen Sommer 60 Risse auf Alpen in der Surselva offiziell bekannt seien. Wenn sich die Wölfe weiterhin beliebig vermehren könnten, so sei dies nicht mehr mit der Alpwirtschaft vereinbar. Capeder wie auch Thomas Roffler sprachen von einer sehr emotionalen und bedrückenden Situation für das Alppersonal und die Landwirte. Morgens wüssten sie nie, ob sie gerissene Tiere vorfänden oder gar halb tote, die sie von ihren Qualen erlösen müssten. Dies habe Konsequenzen, wie zum Beispiel in Obersaxen: «Die Besitzer haben Angst um ihre Tiere und entladen die Alpen früher als vorgesehen», erklärte Roffler.

Wenn die Alpwirtschaft den Wölfen zum Opfer fallen würde, dann würden die Alpen einwachsen, warnte Capeder – und dies könne doch nicht sein. Curdin Capeder ist nicht für eine totale Freigabe des «Wolfabschusses». Eine Regulierung sei jedoch nötig, und es brauche die Möglichkeit, bei einem Problem sofort reagieren zu können.

Verängstigte Mutterkühe

Curdin Capeder hält in Lugnez Mutterkühe. Er erklärt, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis es zu Zwischenfällen wegen vom Wolf verängstigten Mutterkühen und Kälbern geben werde. «Wenn Mutterkühe Angst haben, wird es gefährlich – vor allem im Zusammenhang mit dem Tourismus», sagte Capeder. Wenn man die Situation zu weit eskalieren lasse, werde es mit der Zeit auch schwierig, Alppersonal zu finden, welches noch Verantwortung übernehmen möchte.