Die Kälbermast allgemein und jene von Tieren von Bio-Betrieben im Speziellen steht vor einigen Herausforderungen: Einerseits sind für die Kälbergesundheit heute noch immer häufig Antibiotika nötig, zum anderen werden die meisten Bio-Kälber auf konventionellen Betrieben gemästet. Das sei unbefriedigend, fassen die Autoren die Situation in einem neuen Merkblatt des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) zusammen. Neben einer umfassenden Analyse der Problematik liefern sie auch sehr konkrete Lösungsansätze.
Auf zwei Wegen zum Ziel
Um den Antibiotikaverbrauch zu senken, muss in erster Linie ein Betriebswechsel während dem «Immunloch» vermieden werden. Das kann laut FiBL auf zwei Arten geschehen:
Mit Betriebswechsel: Die Kälber kommen im Alter von 7-14 Tagen auf einen Mastbetrieb mit Ammen.
Auf dem Geburtsbetrieb: Aufzucht der Kälber an Mütter und/oder Ammen oder mit Eimer- oder Automatentränke
Beides seien artgerechte und in der Praxis erprobte Systeme, für die es wiederum verschiedene Varianten gibt:
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Kolostrum im Auge behalten
Im Vergleich zur Aufzucht mit Eimern oder Automat ist die kuhgebundene Kälbermast zwar artgerechter, die verfügbare Milchmenge pro Jungtier aber schwer abzuschätzen. Um sicherzustellen, dass das Kalb mit genügend Kolostrum versorgt wird, empfiehlt das Merkblatt die Kuh nach dem Kalben zu melken und so viel Biestmilch wie möglich zu vertränken. Dadurch lernen die Kälber auch den Nuggi kennen.
Generell sollte das Kalb so schnell wie möglich – aller spätestens innerhalb der ersten vier Stunden – am Euter trinken. Sehr langes Saugen, gegenseitiges Besaugen, fehlende Zunahmen und Rufen deuten auf ein zu kleines Milchangebot hin.
Einfluss auf die Milchproduktion
Das Säugen beeinflusst die Mütter/Ammen in Bezug auf die Milchproduktion. «Je nach Säugehäufigkeit und zeiten der Kälber ist der Einfluss auf die Milchsekretion und Entleerung des Euters beim Melken und damit die Laktationsleistung unterschiedlich», hält das FiBL fest. Von Vorteil sei der Kuh-Kalb-Kontakt über Nacht, da sich dann tagsüber das Euter bis zum abendlichen Melken wieder füllen kann.
Frühestens mit drei Monaten absetzen
Das oberste Ziel bei der kuhgebundenen Kälberaufzucht müsse ein schonendes Absetzen und Trennen sein, frühstens im Alter von drei Monaten. Schrittweise statt abrupte Änderungen sollen den Stress reduzieren. So könne der Kontakt zwischen Kuh und Kalb nach und nach verringert, die Milchmenge für das Jungtier langsam reduziert und anstehende Umstellungen (Absetzen, Trennen, Stall- und Futterwechsel) möglichst nicht gleichzeitig vollzogen werden.
Im Anschluss werden im Merkblatt sieben Betriebe detailliert vorgestellt, die alle ihre Kälber selbst aufziehen und entweder Mütter, Ammen, Eimer oder Automaten einsetzen. Dabei beleuchten die Autoren neben dem genauen Vorgehen auch Vor- und Nachteile des jeweiligen Systems.
Gute Zusammenarbeit ist wichtig und lohnend
«Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, die Kälber so aufzuziehen und zu mästen, dass sie natürlich ernährt werden und artgerecht leben können und nur in Notfällen Antibiotika benötigen», schreiben die Autoren. Es gäbe grundsätzlich noch weitere Möglichkeiten, etwa mit einer 10-wöchigen Aufzuchtphase auf dem Geburtsbetrieb oder mit der Aufzucht weiblicher Remonten für Mutterkuhbetriebe. Möglich sei auch eine schrittweise Umstellung auf eine artgerechtere Kälbermast, indem nur ein Teil der Jungtiere an Ammen aufgezogen werden.
Auf jeden Fall bringe eine gute Zusammenarbeit zwischen Partnerbetrieben in allen Systemen wirtschaftliche Vorteile für alle und diene ausserdem dem Tierwohl.