«Der sieht doch genauso aus wie der Käfer aus Kloten.» M. P. aus Uster staunte nicht schlecht, als er die Packung Weintrauben öffnete, welche er in der Migros gekauft hatte. Bereits zum zweiten Mal befand sich ein solcher toter Käfer in der Packung. Der Käfer machte am Grillabend mit Kollegen schnell die Runde. Bis einer den Einfall hatte und meinte, man könne ja mal die BauernZeitung fragen.

Es ist der Japankäfer

So gelangte der Käfer zu uns auf die Redaktion. Da einige einheimische Käferarten mit dem invasiven Japankäfer verwechselt werden können, haben wir den erhaltenen Käfer bestimmt, und siehe da: Es handelt sich tatsächlich um einen Japankäfer.

Doch wie kam der Käfer in die Trauben und mit ihnen in die Schweiz? Sind solche Transportwege eine Gefahr und fördern eine Verschleppung des Japankäfers? Und wie reagiere ich als Privatperson, wenn ich einen Japankäfer in Lebensmitteln finde?

Wir haben uns mit diesen (und noch mehr) Fragen an die Fachleute vom Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst EJPD vom Bundesamt für Landwirtschaft und an die Migros gewandt.

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Mitreisender in Früchten

Françoise Tschanz, Mediensprecherin vom BLW, gab uns umgehend Auskunft. So sei es dem BLW beziehungsweise dem Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst (EPSD) bekannt, dass vereinzelt tote und selten auch lebende Japankäfer mit Tafeltrauben aus Italien in die Schweiz gelangen. Der EPSD ist darum im engen Kontakt mit den zuständigen italienischen Behörden, um diesen Verschleppungsweg zu unterbinden. Gemäss BLW haben die zuständigen italienischen Behörden auf die Meldung hin die betreffenden Betriebe in Italien kontrolliert.

Massive Anstrengungen der Produzenten und Behörden

Es werde in Italien das Möglichste unternommen, damit die Japankäfer nicht in die Verpackungen gelangen. Dies geschieht, gemäss Françoise Tschanz, mit dem Einsatz von verschiedenen Massnahmen. Mit dem Einsatz von Insektiziden, Massenfang mit Lockstofffallen, Absammeln der Käfer von Hand soll eine Verschleppung in die Schweiz oder andere Länder verhindert werden.

Kontrolliert werde das Ganze in Norditalien vom Pflanzenschutzdienst der entsprechenden Region. Dieser sorge ebenfalls dafür, ⁣dass innerhalb von Italien keine Quarantäneorganismen aus einem Befallsgebiet in befallsfreie Gebiete verschleppt werden.

Der Handel ist nicht verpflichtet zu kontrollieren 

Die Importeure, Zwischenhändler und Grossverteiler sowie Detailhändler hätten ebenfalls eine Meldepflicht, wenn sie Japankäfer in den Verpackungen feststellen oder vermuten. Die Importeure seien jedoch nicht verpflichtet, ihre Waren spezifisch gegen Japankäfer zu kontrollieren. Allfällige Kontrollen finden im Handel darum freiwillig statt.

AboQuarantäneorganismusIst das ein Japankäfer? So erkennen Sie den eingeschleppten SchädlingDonnerstag, 13. Juli 2023 Problematisch sei vor allem, laut Françoise Tschanz, wenn lebende Japankäfer mittransportiert werden. Bei denen könne man nicht ausschliessen, dass sie eine neue Population gründen könnten, wenn sie aus den Verpackungen ins Freie entkämen. 

Migros untersucht den Vorfall

Gerade darum hat es uns interessiert, mit welchen Kontrollen oder Methoden ein Grossverteiler wie die Migros sicherstellt, dass keine lebenden Japankäfer mit ihren Waren in der Schweiz verteilt werden. Auch interessierte uns ein allfälliger Massnahmeplan, welcher verhindert, dass invasive Schädlinge in die Schweiz eingeschleppt werden.

Update vom 6.Oktober 2023 - Die Migros hat zu unseren Fragen wie folgt Stellung bezogen: 

«Die Trauben kommen aus der Region Piemont, wo bereits seit 2018 Massnahmen definiert wurden, um die Ausbreitung des Japankäfers so gut wie möglich zu minimieren. Diese Massnahmen müssen von den Produzenten umgesetzt werden. Dieses Jahr wurde ein weiterer Aktionsplan in Zusammenarbeit mit dem Pflanzenschutz und der Forschung verabschiedet, welcher den Einsatz von Lockfallen empfiehlt, um die Verbreitung und Vermehrung des Japankäfers einzudämmen.

Die Ernte und das Verpacken der Trauben erfolgt bei unserem Produzenten von Hand, dabei werden die einzelnen Trauben genauestens auf Fremdkörper und unerwünschte Qualität (bspw. überreife Trauben) untersucht. Die verpackte Ware wird wiederum einer visuellen Kontrolle unterzogen und kann erst mit einem Freigabe-check zum Transport und Auslieferung freigegeben werden. 

Sobald die Trauben bei unserem Lieferanten in der Schweiz eintreffen, werden sie auch dort einer Wareneingangprüfung unterzogen. Hierbei sind genaue Prozesse definiert und die Ware wird unter anderem auch auf die Einhaltung der Hygienevorschriften und Qualität überprüft. Schilder bezüglich Japankäfer beim Wareneingang sensibilisieren die Mitarbeiter zur Problematik. Ausserdem ist der Fund eines Japankäfers meldepflichtig, da es sich um einen Quarantäneorganismus handelt. Ist dies der Fall, wird die gesamte Ware gesperrt und nicht an die Migros ausgeliefert. Dabei steht unser Lieferant auch im Austausch mit dem zuständigen kantonalen Pflanzenschutzdienst.

Die Produzenten in Italien wurden von unserem Lieferanten bereits vor mehreren Jahren auf die Problematik bezgl. Einschleppung des Japankäfers sensibilisiert und werden in regelmässigen Abständen weiterhin darauf hingewiesen. 

Wir haben aktuell keine Kenntnis von weiteren Funden in unseren Produkten und wir sind sehr bemüht, dass es bei diesem bedauerlichen Einzelfall bleibt.»

Eine Verbreitung muss unbedingt verhindert werden 

Im Raum Kloten laufen aktuell Anstrengungen, den ersten Befallsherd des invasiven Schädlings nördlich der Alpen zu tilgen. Kämen weitere Befallsherde hinzu, würde das die Problematik massiv verschärfen.

Verdacht auf Japankäfer
Der Japankäfer ist ein sogenannter Quarantäneorganismus, es gilt darum eine allgemeine Meldepflicht.
Bei Verdacht auf einen Japankäfer ist jedermann verpflichtet, diesen so rasch wie möglich dem Pflanzenschutzdienst des betreffenden Kantons zu melden.
So soll man handeln:
- Käfer einfangen und nicht wieder freilassen.
-Vorhandensein von weissen Haarbüscheln auf Hinterleib überprüfen. (siehe Bild)
-Käfer fotografieren, Standort und Pflanze notieren.
-Eingefangenen Käfer einfrieren.
-So rasch wie möglich den kant. Pflanzenschutzdienst kontaktieren.

Die Telefonnummern der Pflanzenschutzdienste sowie eine Anleitung zur Käferbestimmung finden Sie auf dem Infoblatt des BLW.

Hier geht es zum Infoblatt vom BLW

AboEingeschleppter SchädlingJapankäfer erstmals auf der Alpennordseite – breite Notfallzulassung für InsektizidDienstag, 25. Juli 2023