Momentan zeigen weltweit ganz viele Kurven steil nach oben. Doch steigen ausnahmsweise nicht nur die Kosten, sondern auch die landwirtschaftlichen Produkte sind knapp und werden teurer. Das sind eigentlich gute Nachrichten, zeigen sie doch ein gewisses Funktionieren des Marktes. Oft jedoch nur bis vor die Stalltüre des Landwirten. Bei ihm sind viele Produkte seit Jahr und Tag gleich entlöhnt, egal wie voll oder leer die Regale im Supermarkt sind. Brot wird teurer, Dünger wird unerschwinglich, nur der Landwirt verkauft seit Jahren sein Getreide zum gleichen Preis.

Produzenten steigen aus

Dafür bekomme er dann bei Überproduktion und schlechten Preisen nicht ganz so einen schlechten Preis, wird er dann jeweils vertröstet. Aber eine Überproduktion ist schon lange nicht mehr in Sicht, sondern auf breiter Front Produzenten, die aufgeben, weil sich die Produktion nicht mehr rentiert. Statt ihnen bessere Rahmenbedingungen zu geben und sie zum Weitermachen zu motivieren, wird das Korsett immer enger geschnallt. Immer neue Vorschriften verteuern die Produktion und schmälern den Ertrag der Urproduzenten.

Märkte auf Rekordkurs

Soja wird teuer, Futter wird knapp, Arzneimittel fehlen, Butter wird importiert, nur der Milchpreis erreicht noch immer nicht den Richtpreis. Jetzt wird zumindest mal über eine Erhöhung dieses Richtpreises nachgedacht. Notabene nachdem mindestens ein Jahr lang alle Zeichen auf zu wenig Milch und steigende Preise hindeuteten und die Märkte Rekord um Rekord aufstellten. Noch bis Ende März dümpelt der Richtpreis dort, wo er vor Corona lag, als die Lager voll waren und der Helvetia die Butter beinahe aus den Ohren quoll. Und bis dann eine Richtpreiserhöhung eventuell auch im Portemonnaie des Landwirten ankommt, dauert es bekanntlich. Die Milchproduzenten wissen, das, was sie für ihre Milch effektiv bekommen, hat mit dem Richtpreis etwa so viel zu tun wie ein VW Polo mit einem Mercedes Benz.

Wo bleibt der Bonus?

Trotz oder wegen der eher nicht so vorhandenen Wirkung des Richtpreises, die Vertreter der Milchproduzenten übten sich in einer noblen Zurückhaltung, welche die Milchverarbeiter jeweils bei einer Überproduktion nicht an den Tag legten. Da wurde jeweils der Preis noch rückwirkend gekürzt, die Landwirte mussten gar helfen, die Überschüsse billig ins Ausland zu verscherbeln oder Pulvertürme mitzufinanzieren. Preisfrage: Welcher Landwirt hat in den vergangenen Wochen rückwirkend einen Bonus aus den florierenden Käseexportkässeli bekommen? Gewinne scheinen auch bei den Milchverarbeitern leichter zu (er)tragen als unternehmerisches Risiko. Wer hilft den Landwirten beispielsweise jetzt, den kaum noch erschwinglichen Dünger zu kaufen? Solidarität ist keine Einbahnstrasse.

Publiziert werden Marktauswertungen immer erst Wochen ja Monate im Nachhinein, da niemand eine Glaskugel auf dem Schreibtisch hat. So weiss man jetzt noch nicht offiziell, wie es im Dezember gelaufen ist, geschweige denn im Januar. Aber mit Blick auf die Weltmärkte kann momentan jeder Primarschüler abschätzen, was auf dem Milchmarkt in etwa los sein könnte. Es geht obsi und zwar zackig.

Es braucht eine Zukunftsperspektive

Trotz solcher Lichtblicke fehlt es an Schweizer Milch und der Milchkuhbestand geht weiter zurück, weil die Milchproduzenten kein Licht am Ende des Preis-Tunnels sehen. Da stimmt doch etwas nicht. Es hätte den Markt keinesfalls überhitzt, wenn man den Richtpreis spätestens im Herbst erhöht hätte. Mehr als ein Zeichen wäre das eh nicht gewesen, denn bis das dann im Portemonnaie des Milchproduzenten angekommen wäre – wenn überhaupt – hätte es ja noch ein paar Monate gedauert. Stattdessen hat man noch etwas zugeschaut. Nicht dass dann auf wundersame Weise doch noch zu viel Milch vom Himmel fällt und man etwa zu viel bezahlt hätte.

Nicht nur der Käse liegt lange im Keller, auch die Kälber brauchen ihre Zeit, bis sie Milchkühe sind. Auch Landwirte benötigen langfristig planbare Rahmenbedingungen. Dafür brauchen sie Marktpartner, die bei steigenden Milchpreisen genauso schnell reagieren wie bei Preissenkungen. Partner, die sich trotz ihrer Marktmacht fair gegenüber den Rohstofflieferanten verhalten. Ein erster Schritt wären Richtpreise, die mehr sind als ein Traumschloss. Und es braucht Branchenvertreter, die wirksam ihre Stimme erheben können. Die Milchproduzenten, die sich bis jetzt durch das Tal der Tiefstpreise durchgebissen haben, gehören wohl zu der genügsameren Sorte. Dennoch haben sie es verdient, nicht immer das letzte Rädchen im Getriebe zu sein. Noch immer steigen Milchproduzenten aus der Produktion aus. Sollte das von der Branche nicht gewollt sein, braucht es jetzt ein wirksames Zeichen.