«Ein junger Lehrer hat mich gefragt, ob ich es nicht hätte anders planen können, darauf habe ich geantwortet, man könne nicht immer alles im Leben planen», sagt Christine Elsener und lacht. Einen Monat nach der Geburt ihrer Tochter Milena im September 2022 startete die Winterschule am Berufsbildungszentrum (BBZ) Pfäffikon SZ.

Kein Babysitter

[IMG 2]Was nun? Die 29-Jährige aus Illgau SZ, welche bereits beide Lehren als Koch und Bäckerin EFZ abgeschlossen hatte, stand vor einem Dilemma: Würde sie die landwirtschaftliche Ausbildung abbrechen müssen? «Unsere Tochter war nicht geplant, aber wir haben uns sehr gefreut», sagt Elsener, die mit ihrem Mann bereits seit 15 Jahren zusammen ist.

Das Kind auswärts betreuen zu lassen, war nicht möglich. Ihr Mann arbeitet 100 Prozent als Netzelektriker, ebenso die Schwiegereltern. «Meine Mutter ist aufgrund eines kaputten Rückens fast komplett arbeitsunfähig, versucht dennoch, den Haushalt zu machen. Mein Vater muss unseren elterlichen Hof bestmöglich weiter führen und sich gemeinsam mit meiner Mutter um meine jüngeren Geschwister kümmern.» Christine Elsener ist mit zehn Geschwistern auf einem kleinen Bergbauernbetrieb in Morschach SZ aufgewachsen. Die jüngsten sind noch schulpflichtig.

Baby unter dem Tisch

Weil sie keinen Babysitter hatte, versuchte sie zunächst, von zu Hause aus per Live-Stream am Unterricht teilzunehmen. «Aber es gab relativ viele technische Probleme, ich bin immer wieder rausgefallen, und es ist auch sonst nicht das gleiche, wie vor Ort, man kann nicht so einfach Fragen stellen zum Beispiel.»

Also suchte Christine Elsener erneut das Gespräch mit der Schulleitung und stiess auf Verständnis. Ja, sie dürfe mit ihrem neugeborenen Baby am Unterricht teilnehmen, wenn sie störe, müsse sie einfach nach draussen gehen. Die Schulleitung wurde schon vorgängig in der Schwangerschaft informiert. Schon dort wurde über Möglichkeiten gesprochen, «aber da war noch unklar, wie sich das Baby verhält und wie ich es gesundheitlich schaffe».

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Das rettende Angebot

Am Anfang funktionierte alles tipptopp. «Mir ist klar, mit jedem Kind hätte man das nicht machen können. Milena hatte keine Koliken, hat nachts gut geschlafen und das Stillen klappte gut», erzählt die Schwyzerin. Also schlummerte das Baby unter dem Tisch im Schulzimmer in seiner Babyschale. Bei Betriebsbesichtigungen oder dem Klauenpflegekurs war es auf dem Rücken seiner Mama in der Babytrage mit dabei. «Doch dann hat sie angefangen zu pläuderle und Geräusche zu machen. Einige Mitschüler fühlten sich gestört.»

Was nun? Zum zweiten Mal stellte sich diese Frage. Doch da kam Jolanda Luginbühl, die Leiterin der Mensa im Schulhaus Römerrain des BBZ Pfäffikon, ins Spiel. «Sie hat mir angeboten, während dem Unterricht auf Milena aufzupassen. Hat ihr eine richtige Spielecke eingerichtet und sie im Kinderwagen mit in die Küche genommen. In den Pausen konnte ich Milena dann stillen.» Dank dieses selbstlosen Angebots konnte Christine Elsener ihre Ausbildung erfolgreich abschliessen. «Ich bin Frau Luginbühl so unendlich dankbar, bis heute kann ich das kaum in Worte fassen», sagt die junge Landwirtin.

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Es geht immer irgendwie

Christine Elsener möchte auf diesem Weg anderen werdenden Müttern Mut machen, dass es immer einen Weg gibt, weiter zu machen, und ihre Geschichte erzählen. «Ich möchte mit dem Artikel Danke sagen, glaube aber auch, dass die Berufsbildungszentren irgendwann nicht darum herumkommen, Kinderbetreuung anzubieten. Das hätte Zukunft.» So seien etliche ihrer Mitschüler, alles Zweitausbildner, während der Ausbildung Vater geworden. Und sie hört immer wieder von schwangeren Frauen, die die Bäuerinnenschule absolvieren.

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Ein eigener Betrieb

Nach dem Lehrabschluss diesen Sommer hat Christine Elsener konkrete Zukunftspläne: «Mein Mann und ich möchten einen kleinen Betrieb mit Mutterkühen, gerne Simmentaler oder Rätisches Grauvieh, und einem grossen Garten zu Selbstversorgung bewirtschaften.» Ihren elterlichen Hof zu übernehmen, ist eine Option, aber festgelegt haben sie sich noch nicht. So lange hilft das Paar gerne Christine Elseners Vater auf dem Betrieb. «Ich bin ohnehin jeden zweiten Tag dort, um mich um meine drei Pferde zu kümmern, die den Sommer bei Dädi verbringen.» Auch ihrem Vermieter, der einen 20-Hektaren-Betrieb mit Milchwirtschaft und Kälbermast führt, geht sie bei Bedarf gerne zur Hand.

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Elsener hat einen klaren Wunsch: Auch Milena soll auf einem Bauernhof aufwachsen. «Ich finde es wichtig, dass sie einen Bezug Lebensmitteln hat und weiss, dass eine Tomate aus dem Garten eben eine Tomate ist.»