«Ja wir stehen etwas im hohen Wasser», sagt Astrid Lussi vom Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN) in Hohenrain LU. Als Verantwortliche für den Direktzahlungskurs verwaltet sie auch die Anmeldungen. «Derzeit haben wir eine Anfrageliste von 72 Personen, die den Kurs gerne noch machen möchten.» Auch an anderen Schulen ist das Interesse gross, wie der Redaktion bekannt ist.

Nur bestimmte Anbieter

Nicht alle Landwirtschaftsschulen bieten den Direktzahlungskurs, in bäuerlichen Kreisen auch «Schnellbleiche» genannt, an. Die Anbieter sind: Inforama (Bern), BBZN (Luzern), Ebenrain (Baselland), Pfäffikon (SZ), Rheinhof (SG), Plantahof (GR), Oberwallis sowie gewisse Schulen in der Romandie.

Zukunft ist Ungewiss

Am BBZN Hohenrain können pro Jahr 24 Personen am Direktzahlungskurs teilnehmen. Auf der Warteliste sind noch Interessenten, die schon im 2019 die Anfrage gemacht hätten.

«Ich bin jetzt am Abklären, ob wir in den nächsten zwei Jahren vielleicht eine zweite Klasse machen könnten», sagt Astrid Lussi. Aber dies müsse die Schulleitung entscheiden. Sie nimmt weiterhin Anfragen entgegen, jedoch informiert sie die Interessenten, dass der Kursbesuch nicht gewährleistet ist, solange sie nicht wisse, wie es weitergeht mit den Direktzahlungskursen.

Umstimmen für Nachholbildung

Auch am Inforama ist die Nachfrage nach den Nebenerwerbskursen gross. Kaspar Grünig, stellvertretender Direktor am Inforama, sagt, in den letzten fünf Jahren hätten die Anfragen beständig zugenommen. «An den Infoabenden hatten wir über 300 Interessenten». Dabei wird versucht, die Interessenten zu überzeugen, eine Nachholbildung zu machen oder den Kurs «Landwirtschaft begreifen». Jedoch sei es sehr schwierig, die Leute umzustimmen.

 

Nachholbildung Landwirtschaft im Nebenerwerb machen

Für Männer und Frauen, die einen Landwirtschaftsbetrieb übernehmen möchten, empfielt es sich grundsätzlich eine Lehre zu machen mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Abschluss.

Wer bereits eine andere Lehre abgeschlossen hat, kann das EFZ in der Zeitauslbildung, im zweijährigen Lehrgang erlangen oder über die Nachholbildung. Die Nachholbildung kann berufsbegleitend gemacht werden.

Weitere Infos findet man auf den Webseiten der Landwirtschaftlichen Schulen (hier gehts zur Liste).

 

Am Inforama gibt es pro Jahr vier Klassen, die den Direktzahlungskurs machen. Auch bei ihnen gibt es Wartelisten. «Im Moment ist so vieles unsicher», sagt Kaspar Grünig.

Agrarpolitik will Direktzahlungskurse abschaffen

Er spricht damit die bevorstehende Agrarpolitik 2022+ an. Darin steht der Fortbestand der Direktzahlungskurse auf der Kippe. In der Botschaft zur AP 22+ schrieb der Bundesrat: «Neue Direktzahlungsbezügerinnen und -bezüger sollen ­mindestens über das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis verfügen müssen und die drei Module Betriebswirtschaft besucht haben.» Somit würde der Direktzahlungskurs den Anforderungen für den Bezug der  Direktzahlungen nicht mehr genügen.

Ausnahme für Berggebiet und Betriebe unter 1 SAK

Der Schweizer Bauernverband (SBV) schlug vor, dass der Direktzahlungskurs kantonal weiterhin möglich bleibe. Aber: Nur für Betriebe mit unter 1 SAK und nur für Betriebe in Bergzonen.

Ob die AP 22+ tatsächlich inkrafttreten wird, ist noch unsicher. Denn der Ständerat hat Mitte Dezember die Sistierung entschieden. Nun muss noch der Nationalrat entscheiden. Wie es weitergeht, steht erst fest, wenn sich die beiden Kammern einig sind und das kann noch dauern.

Für Nebenerwerbsbetriebe gedacht

Wir fragten beim Petra Sieghart, Leiterin Geschäftsbereich Agriprof SBV, nach, wie es mit den Direktzahlungskursen weitergehen soll. «Ich weiss es nicht», sagt Sieghart. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass sich in den nächsten zwei Jahren etwas ändern werde.

Sieghart befürchtet, dass die AP 22+ einer der Gründe ist, warum so viele Bauern jetzt noch den Direktzahlungskurs machen wollen. «Eigentlich ist die Schnellbleiche den meisten etwas ein Dorn im Auge», sagt Sieghart. Das Zielpublikum für Direktzahlungskurse seien Nebenerwerbsbetriebe. Diese machen auch oft Landschaftspflege, was von öffentlichem Interesse sei. «Diese Möglichkeit sollte nicht missbraucht werden von Vollerwerbsbetrieben», sagt Sieghart.

Absolventen sind innovativ und engagiert

Kaspar Grünig verteidigt die Absolventen der Kurse. «Das sind nicht schlechte Leute. Sie können Betriebe erfolgreich führen, kommen aus verschiedenen Berufen, sind innovativ und engagiert.» Zudem sei auch die Dauer des Kurses von einem Jahr einer der Gründe, warum sich viele für diese Ausbildung entscheiden. «Kurzfristigkeit ist auch der Trend der Zeit», so Grünig.