«Biodiversität ist das Aufbrechen von Denkweisen. Der Garten darf nicht mehr ganz sauber geputzt werden, denn die Vielfalt der Natur ist lebenswichtig für uns Menschen», sagt Simon Ingold aus Huttwil BE. Er ist eidgenössisch diplomierter Gärtnermeister und führt einen vielseitigen Betrieb.

Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt der Lebens-räume, der Arten und der Gene. In der Schweiz ist es bereits ein Muss, dass die Landwirtschaft mehr bietet, als ohne Rücksicht auf Verluste nur möglichst billige Lebensmittel zu produzieren. Die Bauernfamilien erhalten nur öffentliche Gelder, wenn der Hof den sogenannten ökologischen Leistungsnachweis erfüllt.

Dazu gehört unter anderem, dass statt Monokulturen eine vielfältige Fruchtfolge einge-halten wird. Es müssen zudem 7 Prozent der Betriebsfläche zur Förderung der Biodiversität bereitgestellt werden. Das können extensive Wiesen sein, Buntbrachen, Ackersäume, Hochstammbäume, Hecken oder Asthaufen.

Es braucht ein Umdenken

Viel Nachholbedarf gibt es aber noch in den privaten Gärten. Hier braucht es ein Umdenken weg vom kahlen Steingarten, wo jedes Ästchen und Blättchen weggeputzt wird, hin zur «Wohlfühloase» für viele Lebewesen.

So sollten Stauden und Gehölze im Herbst nicht zurückgeschnitten und das Laub in Haufen am Boden gelassen werden. Im Laubhaufen finden zudem Igel ein Winterquartier. Auch Samenstände lässt man stehen, sie sind bei Frost echte Hingucker. «Es gibt heutzutage eine ganze Fülle von Pflanzen, die auch mit der Klimaerwärmung gut zurechtkommen», sagt Simon Ingold. «Darunter sind viele einheimische Stauden und winterharte Gehölze.» Dazu gehören aber auch eine Reihe von Pflanzen aus anderen Kontinenten, die gut gedeihen und nicht als Neophyten gelten.

Pflanzt man etwa eine Kornelkirsche, einen Tierlibaum oder eine Akebie, ziert das nicht nur den Garten. Zusätzlich ziehen die Gewächse Vögel, Nützlinge und andere Insekten an. Durch die Vielfalt an Pflanzen finden sie Nahrung und Unterschlüpfe.

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Auch Gemüse und Früchte haben Platz in einem solchen Garten. «Wir ziehen die Setzlinge selbst», sagt Simon Ingold. «Wir setzen sie in lose Schälchen, nicht in Presstöpfe. So wachsen sie gesünder und sind auch weniger für Mehltau an-fällig.» Beim Setzen ist zudem die Bodentemperatur wichtig, der Gärtnermeister pflanzt erst bei 12 Grad. Das Warten zahlt sich aus: Der Salat wächst dann so schnell, wie wenn er einige Wochen in künstlicher Wärme gestanden hätte.

Gesunder Gartenboden

Wer gesundes, robustes Pflanzgut kauft, muss weniger gegen Krankheiten oder Schädlinge spritzen, es muss nicht unbedingt Bio-Qualität sein. «Viele Gartenböden sind zudem massiv überdüngt. Eine Schaufel Kompost auf einen Quadratmeter genügt», rät Simon Ingold. Vorsicht ist bei Mist geboten, er enthält so viel Phosphor, dass er nur in winzigen Dosen verwendet werden sollte. Auch im Garten lautet das Credo: «Weniger ist oft mehr.»

Wer mehr Biodiversität in seinen Garten bringen möchte, findet Informationsmaterial auf zahlreichen Kanälen. Die Gewichtung ist dabei ganz unterschiedlich: Man kann etwa etwas über Nachhaltigkeit lernen, über Umweltschutz oder über die Funktion von Ökosystemen. Sich über den Klimawandel und mögliche Lösungen informieren. Die eigenen Kompetenzen in den Bereichen Natur und Umwelt erweitern. Simon Ingold ist überzeugt: «Es braucht im Garten wenig, dass der Kreislauf wieder ins Lot kommt. Ein Verlassen der ausgetretenen Pfade hilft der Biodiversität bereits.»