Zielkonflikte standen im Fokus der diesjährigen Martini Pressekonferenz des Zürcher Bauernverbands (ZBV) in Dübendorf. «Damit muss sich die Landwirtschaft tagtäglich auseinandersetzten», stellte Präsident Martin Haab fest. «Die Agrarpolitik hat laufend Änderungen eingeführt, die von den Bauern immer weniger umgesetzt werden können. Das hat auch die AP22+ gezeigt, die im letzten Winter vom Parlament an den Bundesrat zurückgewiesen wurde.» Die Entstehung von Zielkonflikten hänge nicht zuletzt mit der Entwicklung der Direktzahlungen zusammen. Ursprünglich als Ausgleich für tiefe Preise gedacht, seien diese mittlerweile zu einem Steuerungsinstrument für immer mehr ökologische Leistungen geworden. «Diese werden über Direktzahlungen abgegolten», so Haab. «Dabei handelt es sich um Leistungen, die der Konsument will, die der Markt jedoch nicht bezahlt.»

Die Schere geht auseinander

Mit dem System der Direktzahlungen würden zunehmend Beiträge für zusätzliche Leistungen ausbezahlt, was nicht zur Effizienz der Produktion beitrage, führte Geschäftsführer Ferdi Hodel weiter aus: «Direktzahlungen sind genau genommen Vergünstigungen von Lebensmitteln.» Eine Folge davon sind laut Hodel gesellschaftliche Widersprüche: Die Schere zwischen dem Verhalten der Stimmbürger und dem Konsumverhalten der Gesellschaft sind immer weiter auseinandergegangen, was es für die Landwirtschaft zunehmend schwierig macht: «Der Mensch, der am Wochenende als Stimmbürger von der Landwirtschaft Leistungen fordert, geht am Montag einkaufen und zeigt dabei nicht unbedingt das Konsumverhalten, welches seiner Einstellung als sonntäglicher Stimmbürger entspricht», so Hodel. Er nannte ein konkretes Beispiel: An der Urne werde eine extensivere Landwirtschaft gewünscht, gleichzeitig mache der Bioanteil beim Konsum lediglich etwa 11 Prozent aus. Es zeige sich, dass Konsumenten mehrheitlich nicht bereit seien, für Bioprodukte entsprechende Mehrkosen zu bezahlen, sondern lieber Importware kaufen.

Zielkonflikte fordern die Landwirtschaft 

Vizepräsident Andreas Buri stellte fünf Zielkonflikte auf, mit der es die Landwirtschaft gegenwärtig zu tun hat:

Konsumverhalten: Die Gesellschaft stellt hohe Ansprüche an die Landwirtschaft, Konsumenten verhalten sich jedoch nicht entsprechend und kaufen beispielsweise im Ausland ein.

Kampf ums Kulturland: Die Bevölkerung wächst und benötigt mehr Platz, Überbauungen gehen jedoch zu Lasten der landwirtschaftlichen Nutzfläche und Umwelt.

Inland- versus Auslandproduktion: Bessere Standards im Inland, weniger Auflagen und Kontrollen im Ausland (z.B. Tierwohl)

Pflanzenschutzmittel: Ein gezielter Einsatz gewährleistet effiziente Nahrungsmittelproduktion. Würde dies verboten, sänke die Effizienz und es würden mehr Importe drohen.

Antibiotika: Ziel sollte ein gezielter Einsatz von Antibiotika sein. Bei einem restriktiveren Einsatz würde die Resistenzenbildung zunehmen und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland sinken.

Tierwohl: Die Konsumenten fordern beispielsweise mehr Platz pro Tier im Stall. Doch grosse Laufhöfe verursachen mehr Ammoniak-Emissionen.

Es braucht klare Ziele und Wirkungskontrollen

«Ziele der Landwirtschaft sollten klar festgelegt werden», forderte daher Martin Haab. Dazu seien jedoch gewisse Vorarbeiten notwendig. Es brauche etwa eine Auslegeordnung, die nicht politisch erfolgen dürfe, sondern faktenbasiert sein müsse. Auch solle etwa die Berechnung des ökologischen Fussabdrucks auch die regionale Beschäftigung miteinbeziehen. Zudem seien neue Auszahlungsmodelle gefragt. Aus Sicht der Landwirtschaft seien neue Anforderungen an künftige Massnahmen notwendig:

Ziele und Wirkung: «Anstelle von Auflagen und Vorschriften braucht es Zielvorgaben und Wirkungskontrollen», so Haab. Als Beispiel nannte er die ökologischen Ausgleichsflächen: Es mache keinen Sinn, Vorschriften zu machen, an welchem Datum man mähen dürfe. Entscheidend sei vielmehr, dass eine qualitativ gute Fläche erreicht wird.

Ressourceneffizienz: Auch müsse vermieden werden, dass die Ressourceneffizienz durch Massnahmen verschlechtert werde. So mache es beispielsweise keinen Sinn, alte Kuhrassen oder Getreidesorten zu fördern, die nicht effizient sind.

Administrativer Aufwand: Zudem sei der administrative Aufwand zwingend zu senken. Auch dürfe es keine Marktverzerrung durch Direktzahlungen geben.

Labels: Eine Markverzerrung durch Direktzahlungen, bzw. Labels ist zu vermeiden.

Praxistest: Wirksamkeit neuer Massnahmen sind zu dokumentieren

«Es braucht eine langfristige Stossrichtung», sagte Haab. «Dazu braucht es zunächst eine Gesamtstrategie.»